Auch das was man gemeinhin als Techno- oder Houseszene bezeichnet ist nichts anderes als ein Querschnitt durch die Gesellschaft und auch wenn ich in meinem Umfeld keinen Rassismus whatsoever feststellen kann, so kann man durchaus unvermittelt darauf stoßen, auch ohne danach zu suchen. Letztens z.B. stolperte ich über einen Facebook Eintrag bei Monika Kruse in dem sie zu Toleranz gegenüber Immigranten im Zuge ihres No Historical Backspin Projekts aufrief und was sich da an hasserfüllter, fehlgeleitetet Gülle in den Kommentaren ergoss, ist mir schon sehr übel aufgestoßen.
Es ist aber seltener dieser dumpfe und plumpe Rassismus, der einem bei sowas entgegen bläst, sondern dieses neuerliche “man wird ja wohl noch sagen dürfen” gemischt mit Ressentiments und ganz offensichtlichem Nichtchecken mit welcher Seite man sich mit verallgemeinernden Äußerungen gegenüber Immigranten, Asylsuchenden oder gleich ganzen Volksgruppen gemein macht.
Dieser offene Rassismus, gegenüber sogenannten Ausländer (allein das Wort schon!) habe ich in meiner Zeit bislang noch nirgends live erlebt, ich stehe allerdings auch nicht den ganzen Abend an der Tür und kriege mit was da abgeht. Andererseits bin ich auch die meiste Zeit in Berlin unterwegs und ich schätze hier ist es auch nochmal anders als z.B. in Posemuckel oder meinetwegen Hoyerswerda.
Trotzdem möchte ich nochmal darauf hinweisen, das auch gut gemeint durchaus nach hinten losgehen kann, Aussagen wie “Die Schwarzen können das einfach besser, weil die haben den Rhythmus im Blut” sollten einfach nicht mehr vorkommen und wenn dann höchstens in Kombination aus Hände vor Verzweiflung über dem Kopf zusammenschlagen und anschließender Gesichtspalme des Gegenübers.
Das das alles auch eine Gratwanderung des Missverständnisses sein kann mußte auch ich erleben, als ich hörte das mein Satz “We are white brothers born without soul” aus der We Call It Techno Doku in einem Vortag über “Wie der Berliner Techno weiß wurde”, der auf den diesjährigen Bermuda Days wiederholt und durchaus ambivalent aufgenommen wurde, als Aufhänger dazu benutzt wurde zu unterstellen das Techno… aber lest selbst:


Der Titel meines Vortrages stammt aus dem 2008 erschienen Dokumentarfilm “We Call It Techno!?, der die Entstehung der deutschen Technoszene beleuchtet. Wie auch in vielen anderen zeitgenössischen filmischen, journalistischen und wissenschaftlichen Dokumentationen über diesen Abschnitt der jüngeren deutschen Kulturgeschichte, wird hier eine dezidiert rassifizierte Variante des kollektiven Erinnerns praktiziert. Infolgedessen befasst sich mein Beitrag mit dem sowohl im deutschen als auch im angelsächsischen Raum auftauchenden Konsens über den Werdegang von Berlin als Welthauptstadt des Techno seit 1990. Das Ausklammern der multikulturellen und queeren Vorgeschichte des Techno im West-Berlin der 80er Jahre, vor allem in der damaligen Klubkultur und Rezeption Schwarzer Musik, ermöglicht Kommentatoren, den Techno als fast ausschließlich heteromaskulin, Brüdern ohne Soul in Ost und West stilisiert. Um dieser Mythologisierung entgegenzuwirken betone ich sowohl die ethnische und sexuelle Vielfältigkeit der Berliner Musiklandschaft in den 80er Jahren als auch das Aufkommen von Eurodance Anfang der 90er Jahre, ein Genre, das oftmals ein afro-deutsches Gesicht in der Öffentlichkeit trug und als das feminisierte Pendant zu Techno fungierte.


Da mußte ich dann wiederum gesichtspalmieren, denn abgesehen davon das die Brücke Techno- Eurotrash mehr als unlauter ist, habe ich den Techno hier durchaus queer und multikulturell erlebt, auf allen Ebenen und so soll das auch sein und gerne bleiben. Jedem der etwas anders behauptet kann ich nur Böswilligkeit oder absolute Negierung aller Fakten, meinetwegen auch durch Nichtmiterleben, unterstellen.




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