Das erstaunlichste an meiner Kid Paul Geschichte ist vielleicht das ich seinen Vater früher kannte als ihn selbst, denn der war ein Freund eines Freundes und mit den beiden saß ich oft im Cafe M in der Goltzstraße und frühstückte. Irgendwann erzählte er mir das sein Sohn auch voll auf diesem Acid wäre von dem ich die ganze Zeit quasselte. Ich fragte wie alt der denn sei und er meinte 14, was ich putzig fand. Ein paar Wochen später hörte ich von einer Acidparty im Wrangelschlößchen und da legte ein gewisser Kid Paul auf, war das nicht der Name den Paul’s Vater mir genannt hatte? Und tatsächlich, so war’s. Noch ein paar Wochen später und wir legten zusammen im UFO auf, wohin ihn ja in dem Alter immer ein Erziehungsberechtigter mitkommen mußte. In den meisten Fällen war das seine Mutter, die nicht wie eine brave Hockeymom neben ihrem Sohnemann stand und stolz aufpaßte, sondern respektabel mitfeierte.
Ich weiß jetzt aber gar nicht mehr, ob seine “Acid in my House” Sache damals schon gelaufen war oder ob das zu der Zeit noch aktuell war, jedenfalls war es für uns kein Thema. Zu der Zeit spielten wir alle sowieso mehr oder weniger die selben Scheiben, erst nach Acid splitterte das in Gruppierungen auf. Ich hatte große Sympathie für die Englandausrichtung von Paul, bis auf so ein paar Ausnahmen wie z.B. Candyflip, von denen ich lediglich ein paar LFO Remixe akzeptabel fand. Schon bald hatte er damit seine eigene Possee um sich gescharrt, die auch genau das wollte, was er da auslaborierte. Das war dann schon im zweiten UFO am Kleistpark, also ca. 90-91. Da hatte er sich vielleicht auch schon den fatalsten Fehler seiner DJ Karriere eingehandelt und zwar hatte er bei einem englischen DJ, ich meine es war Danny Rampling, abgeschaut das dieser seine Setabfolge auf Karteikarten vorbereitet hatte. Paule hat das in jugendlichem Leichtsinn nachgemacht und kam nicht mehr davon ab, was ihn bald selber nervte, aber die Spontanität war daraufhin wohl unrettbar angegriffen. Vielleicht kam daher später auch diese ständige Unzufriedenheit die er bei seinen Sets hatte. Ich erlebte ihn mal in München, wo er ein Hammerset ablieferte, die Herzen der Leute flogen ihm nur so zu und später im Backstage sah ich einen total demoralisierten Kid Paul, der mit all dem komplett unzufrieden war, worüber jeder andere sich den Arsch abgefreut hätte. Was aber nicht heißen will das es nur noch so abging, ich erinnere mich da an eine Silvesterfeier im Tresor, die wir beiden organisiert hatten, an die keiner glaubte und die ein voller Erfolg wurde.
Das war noch bevor sich die Dubmission Allianz mit Paul van Dyk einstellte, die ja zunächst auch prächtig funktionierte und im damaligen ersten WMF regelmäßig die Hütte zum bersten brachte, also auch die Zeit als beide mit Produktionen zusammen mit Cosmic Baby rauskamen und beim damaligen Siegeszug von Trance auf der Welle ganz oben mitschwappten. Da verlor ich schon ein bisschen den Kontakt zu ihm, allein deshalb weil wir in völlig unterschiedliche Locations gebucht wurden. Ab und an traf ich ihn vielleicht noch in seinem Delirium Plattenladen an, aber das wurde auch immer seltener, es wirkte immer mehr als wäre die Luft bei ihm raus und dann hörte ich irgendwann das er die Sache ganz an den Nagel hängen wollte, was dann auch passierte. Der jüngste Burnout ever vielleicht und auch der erste den ich in der Branche erlebt hatte, der damals nur noch nicht so benannt werden konnte weil das Wort noch nicht so im Allgemeingebrauch war. Er erzählte mir mal, das er aus einem Ibizaurlaub zurück kam, im Club stand und keinen Bock mehr darauf verspürte, die Sache war für ihn gelaufen. Das war etwa zur gleichen Zeit als ich meine Technosinnkrise kriegte, die damals, 1995-1996, ziemlich verbreitet war. Ich verlegte mich auf Breakbeats, für ihn war das Feuer aus und der Drop gelutscht. Es folgte noch eine Phase da wollte er sein Label Ism unter anderen Vorzeichen weiterführen, aber da kam dann auch nicht mehr so viel.
Sein Cafe del Mar wird bis heute quasi jährlich zigmal neu geremixt, allein von daher gab es sicher einige Versuche ihn wieder zu motivieren, aber die darf man alle als gescheitert ansehen. Er hat da noch so ein Blog das er halbwegs anonym betreibt und ab und an taucht sein neues Pseudonym auch mal in meiner Facebook Timeline auf, aber es scheint nicht so als dränge es ihn in die Öffentlichkeit, deshalb werde ich mich auch hüten das hier auszuposaunen. Die die ihn kennen und die er als Freunde bestätigt hat wissen ja wo sie ihn finden können.


Zum Schluß gibt’s dann noch ein Kid Paul Feature das damals bei Viva kam





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