Ich bin in einem Buch! So ein richtiges, das man kaufen kann! Und was für eins, richtig schwer und dick. 63 Autoren schreiben über 75 Orte (daher auch der Titel) in – ausgerechnet- Wiesbaden! Ich hab da ja ein gut Teil meiner Nachpubertät verbracht, von daher wurde ich eben auch gefragt. Ich hätte nie gedacht das ich mal mat z.B. Sibylle Berg in einem Buch erscheinen würde, genau das ist aber gerade passiert.
Der Herausgeber Huck Haas hat freundlichst erlaubt das man die Texte auch bloggen darf und das tue ich jetzt hiermit auch. Auf das die dafür jetzt toten Bäume nicht umsonst sterben mußten und das Ding weg geht wie warme Semmeln.
Zu kaufen gibt’s das in Berlin im Groben Unfug in der Torstraße, in Wiesbaden wahrscheinlich überall, im Stijlregal und natürlich bei Amazon


Nordfriedhof
In meinem bewegten Leben gab es auch eine kurze aber heftige Zeit als ich in Wiesbaden wohnte. Es war die Zeit als wir alle wie Fraggles und, neben anderen, mit Todessehnsüchten rumliefen. Wir tanzten in einem Keller der Dschungel und vorher mal Lu hieß oder im Erdgeschoß, höher raus kamen wir mit unseren Einkommen in dieser Stadt nicht. In jenem fast vergessenen grauen Zeitalter gab es noch, die älteren unter uns werden sich erinnern, eine Sperrstunde, freitags um 1:00, samstags um 2:00 war Schluß, die Nacht aber noch jung und man selber voller jugendlichem Tatendrang. Nicht nur geografisch lag da der Nordfriedhof nahe und war ob seiner Statuen und Mausoleen perfekt geeignet um zu testen ob Bela Lugosi tatsächlich tot war, wie ein Hit aus dieser Zeit nicht müde wurde zu behaupten. Das in der Disco angefangene altbekannte Boy meets Girl Spielchen konnte dort auf schwarzromantische weise weiter geführt werden, weil ist ja so gruselig da. Spätestens nach zwei Kräuterzigaretten und der Lokalität angemessenen Stories obendrauf, bei denen sich H.P. Lovecraft im Grabe umgedreht hätte, was hier in diesem Moment natürlich der ultimatve Stunt gewesen wäre, konnte man die meisten Anbandelungsversuche als vollstreckt betrachten. Die Rollenverteilung war dabei tatsächlich so wie in den Groschenromenen a la John Sinclair, verängstigtes Mädchen flüchtet in die Arme des männlichen Retters und so verliessen sie dann später den Ort des Grauens auch wieder.
Bei Tage betrachtet hatten sich die meisten Geschichten dann auch schon wieder aufgelöst, oder wirkten grotesk, sowohl die erzählten, alös auch die der Säfte geschuldeten. Einige Geräusche von dort wirken allerdings bis heute nach und wieso die Glühwürmchen sich immer auf diesem einen Steinsakropharg sammelten hat sich mir bis heute nicht erschlossen.
In Sachen Grabmäler hat sich Wiesbaden übrigens mit seinem Ruf als Ort der Neureichen und des Luxus wirklich nicht lumpen lassen. Nun las ich das viele alte Grabmale der Pflege bedürtig und auf Patenschaften angewiesen sind. Well, auf die Idee mit dem Merchandising ist da anscheinend noch keiner gekommen, das habe ich schon damals vermisst, wir mußten uns immer Souvenirs von den Gruften abprökeln, ich habe sogar einmal ganz vermessen so einen Dekor Minisarg mitgehen lassen und den zuhause aufgestellt und jedem der fragte zur Antwort gegeben das es ein vormals belegter Kindersarg sei, Gänsehaut galore bei jedem jeweiligen Besucher.




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