Ich sag’s mal ehrlich, außer elektronischer Musik höre ich nix. Ich habe weder die Zeit noch die Muse dazu, noch interessiert mich etwas außerhalb des elektronischen Kontexts. Sicher gehört es zu den Standardäußerungen jedes Musikmenschen das man für alles offen wäre und privat ja auch ganz andere Sachen hört, Klassik, Jazz, Reggae, you name it. Ich muß jedoch feststellen das mir mein elektronischer Kosmos völlig genügt und spannender denn je ist. Ich habe ja das Glück mich beruflich täglich stundenlang fast ausschliesslich mit Musik beschäftigen zu dürfen und das auch noch mit genau der, die ich präferiere und trotzdem könnte ich noch stundenlang weiterhören. Mit nichtelektronischer Musik habe ich das Problem, das ich entweder damit durch bin oder sie mich schlichtweg nicht interessiert, entweder weil sie mich klanglich nicht interessiert oder nicht zu meinem Lebensgefühl passt. In elektronischer Musik finde ich wirklich für jeden Lebensaspekt das passende. Ich höre jetzt über 30 Jahre fast ausschliesslich leidenschaftlich elektronische Musik und was mich nach wie vor bei Musik interessiert ist, wenn neue Klangwelten aufgestoßen werden, andere würden vielleicht sagen mich interessiert Musik am meisten wenn sie nicht nach Musik klingt, ich finde es nach wie vor erstaunlich welche Wege diese relativ neue Musik einschlägt, wenn man z.B. Dubsteptracks von heute hört und sich vorstellt wie die vor 30 Jahren aufgenommen worden wären, hätte man das damals überhaupt als Musik wahrgenommen?

Ist wahrscheinlich dasselbe was andere in Jazz suchen, nur mein Jazz ist eben elektronisch und je mehr sich unterschiedliche Stile kreuzen und mixen, desto spannender wird das für mich, das macht den Kosmos schon so groß und unüberschaubar, das ich damit wahrlich genug zu tun habe.
Es gibt zwar immer wieder mal Phasen in anderen Musiken, die mich aufhorchen lassen und die ich dann auch mal kurzzeitig mitverfolge, so wie in den 90ern Metal, als von Tool bis Korn alle daran waren, dem verstumpften Genre neues Leben einzudreschen, aber diese Phasen hören ja auch recht schnell wieder auf, weil bald nix adäquates mehr nachgeliefert wird. Grundsätzlich bin ich aber z.B. mit Gitarrenmusik durch, da gibt es nix was ich nicht schonmal gehört hätte und aus diesem Grunde bezweifle ich ob da nochmal was kommen könnte was mich so kickt, das ich da nochmal hinhören würde, ist jedenfalls schon lange nicht mehr passiert. Was aber nicht bedeutet das ich die Gitarrenmusik die mich mal geprägt hat heute negieren würde, ich glaube aber das z.B. Joy Division oder Pantera einfach nicht mehr getoppt werden können. Dasselbe auch mit akustischer Musik oder Klassik, ich denke der Zenith dieser Spielarten ist einfach mal vorüber, es ist darin alles gesagt was für mich zu sagen wäre, nicht das ich diese Musik verachten würde oder abschätzig betrachten würde, allein sie stammt aus einer anderen Zeit und transportiert ein Lebensgefühl mit dem ich nur sehr wenig anfangen kann. Oder gar Musik in der Gesang dominiert, seitdem es Techno gibt bin ich froh, das es endlich Musik gibt, in der das menschliche Organ nur eine marginale Rolle spielt und ich mir keine Propaganda oder Liebeskitsch mehr anhören muß, der sich so über die Musik legt, das diese in den Hintergrund verschwindet. Ich halte es da mit Henry Rollins, der mal sinngemäß sagte das wenn man es nicht toppen könne, dann sollte man lieber anfangen Rasen zu mähen oder so ähnlich. So halte ich es sowohl mit dem Musikhören als auch mit dem DJing, mich interessiert es schlichtweg nicht irgendeine Erwartungshaltung oder ein Genre sklavisch zu verfolgen, sondern mich kickt das Neue, das noch nicht gehörte und zunehmend auch die Verbindungen zu der Vergangenheit und den einhergehenden Verästelungen der Musik und das ist ja mittlerweile einiges.
Zwar wird mir nun schon seit mindestens zwei Dekaden prophezeit, das ich irgendwann in ein Alter geraten würde in dem ich das alles anders sehen würde, als ob es ein Zeichen der Reife wäre beliebig zu werden, aber wenn auch ich wirklich feststellen muß das man einige eherne Grundsätze der Jugend dann doch lässiger und relativer sieht, in Sachen Musik kann ich da bei mir noch nichts feststellen, ich grabe lieber da weiter in die Tiefe wo mich die Leidenschaft packt und habe so gar keinen Spaß daran mich in irgendwas reinzutun, was mich feuilletonkompatibler machen würde.




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