Stories Raveline Magazine -
Terrence Parker, Raveline 199601.10.1996
Jeder Detroiter Ist Entweder Autoverkäufer, Fließbandarbeiter Oder Junkie! Terrence Parker, What The Hell Are You
Terrence Parker
"Tragedies Of A Plastic Soul Junkie". So nennt sich Terrence Parker's Album auf dem Berliner Label !K7, das dieser Tage in die Recordshops gelangt. Viele Housefreunde kennen ihn bisher aber wegen seiner erfolgreichen, letztjährigen E.P. "Emancipation Of My Soul". Da Detroit nicht als Wiege der souligen Housemusik, sondern untrennbar mit Techno verbunden ist, gab es genug Gründe für die Raveline, bei Terrence Parker auf eine Kanne Kaffee vorbeizuschauen und mit ihm über Musik, seine Roots, die Musikszene und natürlich Detroit zu sprechen.
Was machst Du hier in Deutschland, stehst Du auf deutsche Mädels und deutsches Essen, oder was, frage ich ihn und lachend antwortet er, er sei nur wegen Werbung hier. Auf VIVA gibt es 'ne Sendung, wo John Acquaviva 'mal war. Wäre gute Promotion für's Album. Wie falsch ich mit der Frage nach den Mädels liege, stellt sich bald heraus, denn Terrence ist stolzer Familienvater und liebt die Familie über alles. So ruft er jedes Mal, wenn er verreist, nach der Landung zuerst seine Frau an und teilt ihr mit, daß alles ok ist. Seit den Olympic Games in Atlanta zittern die USA vor weiteren Bombenattentaten, "da jeder Wichser glaubt, sein politisches Statement abgeben zu müssen." Spärlich bekleidete Mädels, die ihn vor allem in Deutschland belästigen, machen seiner Frau aber keine Angst, denn "Immer wenn mich eine 'Bitch' richtig anmacht, deute ich nur kurz auf meinen Ehering und grinse."
Anyway, Terrence Parker freut sich, wieder in Germany zu sein. Er hat hier bereits 'n paar Mal aufgelegt und findet es cool, daß immer mehr Houseclubs öffnen, um Techno Konkurrenz zu machen. Mit "Hat !K7 Dir das erzählt, um Dich nach Germany zu locken" kläre ich ihn auf, daß dieses Statement nicht von großen Szenekenntnissen zeugt, da jeder zweite dieser neuen Clubs schnell wieder schließt. Bei seinen DJ-Gigs jedenfalls, die er als Mischung aus Jeff Mills und Jazzy Jeff zelebriert, sind die Leute sehr gut auf seine Musik und sein Set abgefahren. Kelly Hand hat ihm nicht umsonst von !K7 vorgeschwärmt. Zukünftig will er Deutschland öfter besuchen, "und das nicht nur aus Promotiongründen.".
Appropos Promotion. Schulterklopfen und DJ-Charts-Plazierungen füllen auch in Detroit keine Mägen. Sein Bankkonto jedenfalls hat nichts vom Erfolg der E.P. gemerkt; bleibt abzuwarten, ob es sich über die Albums-Verkaufszahlen freuen kann. Personen, die nur Housetrax à la 'So Pure' erwarten, werden sicher enttäuscht sein, da viele ruhigere, Hip Hop-lastige Stücke auf dem Album vertreten sind. "Mogelpackung", schoß es mir beim ersten Hören durch den Kopf, "einige Trax klingen verteufelt nach Füllware."
Wrong again my man: "Ich will nicht als 'One-Hit-Wonder' verstanden werden. Das ist ein Album im klassischen Sinne. Hier geht es nicht um die Aneinanderreihung einzelner Singles, sondern um das Vermitteln eines Konzeptes, meiner Roots!"
Daß diese eindeutig im Hip Hop liegen, verdeutlicht nicht nur seine Ex-Karriere als DJ Mixmaster X, sondern auch sein Plan, Hip Hop-Trax mit jungen Detroiter Rappern zu produzieren. Es verwundert also kaum, daß seine aktuellen Lieblingsacts A Tribe Called Quest, Wu Tang Clan oder Busta Rhymes sind.
Interessant! Ich meine, Hip Hop mögen und House machen, ist ja schön und hip, aber Detroit ist nun 'mal die Techno-Metropole des Universums, was nicht nur die Namen Derrick May, Juan Atkins und Kevin Saunderson oder Kenny Larkin belegen. Fühlst Du Dich in Detroit nicht wie ein Außenseiter oder gibt's doch Verbindungen zu anderen Techno-Produzenten
"Vergiß die Detroit-Connection! Weißt Du, wenn ich Claude Young, Carl Craig oder Kelly Hand sehe, dann hebe ich die Hand und sage 'Hi'! That's it! Detroit sucks. Ok, mit Kenny Dixon Jr. hänge ich ab, aber das ist alles. Die meiste Zeit verbringe ich sowieso mit meiner Familie oder im Studio! Ich bin absolut nicht arrogant, aber es ist doch bescheuert, nur mit Leuten abzuhängen, weil die berühmt sind!"
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung gegenüber Detroit scheint die ausufernde Gewalt im Clubbereich zu sein, die er folgendermaßen beschreibt: :" Hey Mann, vergiß Drogen! Waffen sind der Untergang der USA. Jeder Idiot, der 'bad' sein will, fuchtelt dem DJ mit 'ner 45er vor'm Gesicht rum! Sogar Cops werden angeschossen und darum wird bei uns jede Woche ein Club geschlossen. Krank! "
Rough Business in Motor-City!
Bei diesen Verhältnissen ist es logisch, daß sich Mr. Parker immer öfter ins Studio zurückzieht, um in Ruhe und Sicherheit Trax zu produzieren und Remixes anzufertigen. Beim Studium seiner Kurz-Biographie fiel mir auf, daß nicht nur wohlklingende Namen wie Mrs. Hollaway auf seiner Remixliste stehen, sondern auch die Pet Shop Boys
Sag 'mal ehrlich, TP! Du magst kein Techno, ist ja ok, aber die Pet Shop Boys = Pop, haben Dich doch mit 'ner Waffe bedroht, um geremixt zu werden oder hast Du den freiwillig gemacht
Errötend erklärt Terrence, daß er die früher echt mochte und "West End Girls" immer noch für den besten Pop-Song ever hält. Trotzdem will er zukünftig nur noch ausgewählte Angebote annehmen, da er es nicht nötig hat, auf jeder fünften 12" als Remixer zu erscheinen. Einen höheren Stellenwert haben da für ihn DJ-Charts-Plazierungen und Berichte in ausländischen Magazinen.
"Ich steh da drauf - im Ernst. Immer wenn ich was über mich oder meine Platten lese, aber die Sprache nicht verstehe, lasse ich mir den Text übersetzen. Ist ein Tick von mir! Aber hey, ich kann ja auch nicht dauernd nach Europa fliegen, um in Clubs zu checken, ob die dort meine Musik spielen!
Tja, Terrence, hier hast Du wieder etwas zum Übersetzen lassen!
SHORT CUTS
1) Richtie Hawtin: "Cooler Typ mit cooler Musik. Vom Stil her nicht mein Ding, aber definitv cool."
2) Armando: "That's my man! Ich bete, daß er bald wieder gesund ist. Hey weißt Du, Armando hat soviel für die amerikanische Musikszene getan, er muß wieder gesund werden. Ich liebe 'Land Of Confusion'."
3) Kevin Saunderson:"Ok, unbestritten einer der drei größten Detroitköche. Doch während Derrick und Juan ihr Ding weiter durchziehen, driftete Kevin in den Mainstreambereich ab."
4) Westbam: "Oh ja, ich liebe sein 'Give It To Me'."
Halt, das ist von Bam Bam alias Chris Westbrook. Ich meinte Westbam.
"Stimmt, aber wer zum Teufel ist dann Westbam"