Meine Impressionen, in unaufwendige Worte gefasst -->
Mittwoch | Tag 1 Nachm Festivalpassholen straight auf den Schlossberg, wo mir gleich ein Electronic-Beats-Typ entgegenlief: „Und, wie hat's dir bisher am springnine gefallen? Hast kurz Zeit für einen Survey?". Äh, ja – nach 10 Minuten Anwesenheit die wohl sinnvollste Frage aller Zeiten!
Gossip begannen grad – hat irgendwer von dem Slot-Switch mit Fever Ray vorab erfahren? – ihre ziemlich voraussehbare und nach 3-4 Nummern langweilig werdende Punkrock-Show. Beth Ditto spulte ihre Show ganz gut ab, Stimmung kam so wirklich nur bei „Standing In The Way Of Control" auf. To-see-Liste abgehakt.
Fever Ray dann eine der Enttäuschungen des Festivals. Bin mit großen Erwartungen hingegangen, das Album des neuen Projekts von Knife-Frontfrau Karin Dreijer hat mich ziemlich vom Hocker gehauen, live gab's aber – auch aufgrund der dauernd benebelten Bühne (wow, ganz was Neues, sich auf der Bühne nicht zu zeigen) – nix Spannendes zu sehen, oder hat der 90er-Großraumdisco-Laser jemanden beeindruckt? Fazit: Besser daheim im verdunkelten Wohnzimmer genießen.
Danach sofort ab in den Dom zum
Acid Symphony Orchestra, welches eins der beeindruckendsten Sets am spring ablieferten. Super Mischung aus verträumten Synthie-Ambient-Flächen und straightem Acid Techno. Die Jungs scheinens teilweise echt selber nicht gepackt zu haben, welche Töne da aus ihren Rolands kamen. Kommen so schnell wohl nicht wieder nach Österreich, wenn doch: unbedingt anschauen!
Bei
Mr. Oizo kam mir das erwartete Grausen, nach 15 Minuten Kirmes-Kinder-Electro also ab ins PPC, wo unten grad
Joakim ziemlichen Haudrauf-Sound spielte, Credo: let's go nach oben in die Bar: Das New Yorker Duo
House Of House war da grad am Werkeln, kannte die vorher gar nicht und war dementsprechend überrascht, richtig eingängig-anspruchsvollen Oldschool-House, garniert mit tollen Vocals, zu hören: eine der Entdeckungen am spring!
Kurz nochmal zurück in den Dom, um den vorab von allen Seiten hochgelobten
Diplo on stage zu sehen, eine herbe Null: Sound war mir zu hart, böse Mischung aus Ghettotech, Booty Bass und dubbigem Techno, insgesamt sehr monoton und langweilig.
Zum Abschluss zur, wie bereits 2008, hervorragenden Gegenveranstaltung, dem spring:break, um sich von
Mr. Monkeyshines back2back mit
Lalinea den Abend musikalisch doch noch retten zu lassen: unglaublich treibend-psychedelischer Minimal, den die Jungs da gespielt haben. Is mir vieles bekannt vorgekommen, so richtig straighter Klickklack-Italo-Business-Sound, hört man in Wien clubtechnisch verankert (noch) nirgends! Nach Dusty Kids „Lynchesque" war dann aber endgültig Ende
Donnerstag | Tag 2 Station eins: Dom im Berg, wo
Laurent Garnier live am Tagesprogramm stand. Auf der Bühne war er nicht allein, sondern bekam an den Macbooks Unterstützung vom französischen Techno-Pionier
Scan X. Gemeinsam mit einem Gitarristen, einem Saxophonisten und einem Herren an den Trompeten war das Bühnenlineup dann komplett. Ne, doch nicht ganz:
Goldie kam zwischendurch mal auf die Bühne und versuchte mit sinnvollen Sprüchen á la „Put your hands up for Mister Garnier", die Menge anzuheizen: unnötig. Garnier auf der Bühne voller Verve dabei, feuerte die Akteure auf der Bühne an, scheint gut „drauf" gewesen zu sein
Performance war musikalisch jedoch insgesamt nicht allzu berauschend, zwischendurch kam bei diversen Passagen schon mal Gänsehaut auf, die D'n'B- und Dubstep-Nummern haben die Flüssigkeit und Schlüssigkeit der Darbietung aber nicht wirklich verbessert. Ja, sollte ein Livekonzert sein, deswegen auch die Ankündigungen dazwischen, aber trotzdem: dann lieber ein DJ-Set, wie vor gut 15 (?) Monaten im Flex, wo der „Garnier-Sound" auf jeden Fall besser transportiert wurde.
Station zwei dann Joanneum, wo
Fennesz grad seinen Herzschmerz-Avantgarde-Pop mit elektronischen Einflüssen verziert zum Besten gab: Hätte mir mehr von ihm erwartet, nachdem er allseits medial so hochgelobt wurde – Agitpoppunk-Fans dürften auf ihre Rechnung gekommen sein, aber so viele scheinen davon nicht den Weg aufs spring gefunden zu haben, waren vielleicht 30 Leute im Saal, davon ¾ sitzend am Boden…
Danach eins der (erwarteten) Festival-Highlights, zumindest musikalisch – stimmungstechnisch waren die gut 1 ½ Stunden von
Skinnerbox vor knapp 60 Leuten nämlich unter aller Ehre. Aber war klar, dass die in Graz niemand kennt und kein Wiener extra aufs spring fahren wird, nachdem sie bereits bei Tiefenrausch im Fluc vor ein paar Monaten bereits das Set ihres Lebens dargeboten haben
Super Flow jedenfalls wieder, der vertrippte Live-Techno der beiden hat echt was für sich, unvergleichlich nach vorne gehend mit vielen Aufs und Abs, perfekte Symbiose von Ableton & Analog eben – die Jungs muss man gesehen haben!
Nach einem kurzen Abstecher ins Sub, wo grad D'n'B gespielt wurde, ging's ins Bett.
Freitag | Tag 3 …stand unter zwei Vorzeichen: Zum einen war mal Locationcheck angesagt, um das ganze Stätten-Spektrum mal abschätzen zu können bzw. stand der Abend unter dem Banner der schweren Entscheidungen, da sich timetabletechnisch echt viel überschnitten hat, aber is sich ganz gut ausgegangen:
Um 19:00 ab in den Stefaniensaal, wo Richard Dorfmeister und Rupert Huber aka
Tosca ihr neues Album No Hassle mit Unterstützung des Visualisten Fritz Fitzke präsentierten: Ambiente traumhaft, im Aufführungsort der Styriarte und anderer hochkulturell interessanter Veranstaltungen so ein Konzert zu erleben, war schon was Besonderes. Visuals warn auch unvergleichlich stark, gingen mit der musikalischen Darbietung von Tosca echt eine Symbiose ein. Für die meisten war der Sound aber wohl doch zu chillig und flächenlastig-verträumt, die ersten Besucher verließen schon nach ein paar Minuten wieder den Saal – tjo, vorher Programmheft lesen!
Danach kurz in die Opernpassage, wo mir beinahe alles essens- und alkoholtechnisch über die vergangenen Tage Angesammelte wieder hochgekommen wäre: irgendein Diesel-DJ hat 90er-Großraum-House aufgelegt, die Location unter aller Ehre: ALLES in weiß gehalten, sowohl Wände, als auch Boden, sowie Bar-Bereich und auch die obligatorischen Ledercouchen.
Nach einem Abstecher ins SKA, wo die Jungs von
Dusty Lungs grad Ragga-Tunes vor gezählten zwei Leuten am Dancefloor auflegten, konnte der „echte" Abend also gestartet werden:
Rein in den Cabrio-Shuttle-Bus und ins Joanneum, welches am Freitag das Siegel des Berghains tragen durfte:
Ganz, ganz, ganz, ganz starkes Live-Set von
Shed. War der einzige Junge aus dem Berlin-Trio, den ich noch nie on stage gesehen hab und ich war echt positiv überrascht, obwohl ich bereits mit hohen Erwartungen in sein Set eingestiegen bin: originaler Hain-Sound, extrem dark, deep, treibend und immer das gewisse verspielte und ambivalente Moment im Beat. 60 Minuten halt leider viel zu kurz, um völlig im Berlin-Sound zu versinken – unbedingt empfehlenswert!
Danach den Anfängen von
Marcel Dettmann noch gelauscht (einem Dubstep-Track folgte ein dubbiger Techno-Track, also dürfte der Herr scheinbar genau jene tolle Mischung aus den beiden Genres gespielt haben, die die deutsche Hauptstadt momentan erobert!), jedoch stand Matt Edwards alias
Radio Slave dann am Abendplan, also auf ging's in die Postgarage, wo ich vom Deep-House-Set des Engländers total überrollt wurde: hätte mir ganz was anderes erwartet und mir wohl vorher einen Mitschnitt anhören sollen
Aber umso besser! Starke Performance mit exzellentem Mixing und einwandfreiem Arrangement, hat Edwards Tracks von Oslo über Mupa, Cecille und raum…musik in seinem Case gehabt und ein wirklich klasse Set hingezaubert. Ziemlich tolle Stimmung auch in der Postgarage, die anlagentechnisch hier mal hervorgehoben werden muss: superfein eingestellte PA, im Vergleich auch zum Dom himmlisch, schöne Klarheit und Lautstärke, genau richtig für die Deepness der Radio-Slave-Vorstellung.
30 Minuten vom folgenden
Martin Eyerer waren genug für meine Ohren, zu eingängig und austauschbarer Sound, super gemischt zwar, aber zumindest die erste halbe Stunde erwies sich Eyerer eher als Hitschleuder denn Innovator, der damit das scheinbar flüchtende Publikum noch auf seine Seite ziehen wollte
Den Vogel abgeschossen hat dann zweifelsohne
Ben Klock in den Räumlichkeiten des Joanneum. War zuvor etwas skeptisch, da ich von einigen Seiten vernommen hab, dass er am 16. April im Sass ziemlich schlecht gewesen sein soll, inbesondere was Mixing anbelangt, aber all das war wirklich zu vergessen angesichts des springnine-Sets des Berliners. Hammer-Sound, Top-Mixing, so noch nie gehörte Trackauswahl (generell spielt Klock einen Sound, den man in Wien nirgends hört) – und das vor ekstatisierten 100 Menschen. Nach zwei Zugaben, die das Publikum erfolgreich erbettelt hat, wurde ihm leider der Strom abgedreht – das hätt und wäre noch stundenlang so weitergegangen, supergeiler Drive und eine – nicht nur für Graz – tolle Crowd. Respekt! Scheint dem Klock sichtlich auch getaugt zu haben, mal 100 statt 2000 Leute völlig entgleiten zu lassen.
Ausgepowert dann zur Flex-Afterhour in die Postgarage zurück, wo
Fauna grad ein paar sehr chillige Tunes verbreitete, nach Ben Klock wahrhaftig eine Abwechslung, die viel Anpassung erforderte
Kurz rüber in den 2nd Floor, wo die
Acid Kids mit
Maral Salmassi grad ihren unpackbaren Haudrauf-Electro-Druffie-Sound spinnten, also wieder zurück auf den First Floor, dem Ende von Fauna lauschen und bis 9 zum deepen Minimal von
Patrick Kong den Abend ausklingen zu lassen.
Naja, nicht wirklich, ein höchst „gmiatlicher" und vergnüglicher Gruppen-Abstecher in die Frühbar Beate war noch drin. Ich sag nur: Guten Morgen, Gries!
Samstag | Tag 4: Der letzte spring-Tag ein sehr unscheinbarer Erlebnisablauf, aber wohl, zur Abwechslung mal um 4 ins Bett zu gehen, tat auch ganz gut.
Also, erstmal das Wichtigste: Was war denn das bitte für eine Anlage im PPC? Unglaublich schlecht eingestellt, nur wummernde Bässe, selten so eine schlechte Klarheit (das Wort ist für die gestrige PA unangebracht) beim Weggehen vernommen, zwischendurch mal extremste Höhen, auch die Mitten dürften zwischendurch ausgefallen sein. Hab kurz mit dem Tontechniker gesprochen, er meinte, er ist leider total überfordert, weil oben in der Bar und auch unten dauernd Boxen ausfallen und er nicht mehr machen könnte als das letzte Verbliebene zu retten. Auf meine Frage hin, obs beim Soundcheck keine Probleme gegeben hätte und man sowas normalerweise nicht vorher ordentlich kontrolliert, meinte er nur lapidar, dass vorab alles funktioniert hätte. Naja...
Zum Sound: Die Musik von
Kollektiv Turmstrasse passt leider überhaupt nicht zur Peak auf ein solches Festival, sowas will ich um 10 in der Bar25 oder um 6 im Watergate hören, aber nicht um 2 in einem dünstenden Club mit studentischem Beliebigkeits-Maturanten-Publikum. Chilliger Afterhour-Sound halt, auf den man zu später/früher Stunde leicht reinkippt, sicher keine highlightgeladene Performance, die Jungs auch eher lustlos auf der Bühne. Atmosphäre ist aufgrund der schlechten Anlagen-Verhältnisse sowieso nicht aufgekommen, die Soundkatastrophe dürfte sogar den zu schätzomativ 90% technoid ungeschulten Ohren da im PPC aufgefallen sein...
Dann noch ne halbe Stunde
Len Faki, aber ich hab die PA in Kombination mit diesem schrecklichen Laufpublikum und der Location einfach nicht gepackt und bin dann nachhaus.
springnine-Fazit: Schönes Festival mit dem besten Lineup aller Mehrtagesfeiern in Österreich im Jahre 2009. Top organisiertes Festivalzentrum, super Locationauswahl, Bandbreite der angebotenen Musikrichtungen einwandfrei, Manko für „den üblichen Besucher" dürfte aber wohl die Zugangs-Sperre des Doms (zumindest am Mittwoch und Donnerstag hab ich's mitbekommen) und anderer Locations (PPC am Samstag) sein – ich würd mich verarscht vorkommen, hätte ich mir ein Tagesticket für z.B. Donnerstag gekauft, um Laurent Garnier zu sehen, und käme dann jedoch nicht in die Veranstaltungsstätte.
Anyway, hier noch mein persönliches springnine-Hall-of-Fame-Best-of:
1) Ben Klock2) Shed3) Radio Slave4) Skinnerbox5) Acid Symphony OrchestraSpecial props:
Mr. Monkeyshines b2b
LalineaLocationtechnisch damit - zurecht - der wahre Booking-Sieger: das Joanneum! Akustiktechnisch on top: ganz klar die Postgarage, obwohl man sagen muss, dass generell, außer am PPC Main Floor, die Anlagensituation eine hervorragende war - diverse Wiener Clubs könnten sich da gut und gern ein Scheibchen abschneiden...
Die große Enttäuschung war eben das PPC am Samstag – mit dieser Anlage darf dort einfach kein Lineup dieser Größenordnung platziert werden, Location-Gerechtigkeit hin oder her.
Wahres Highlight war aber definitiv die Samstags-Afterhour in der Frühbar Beate, alle Involvierten und Anrainer können ein Lied davon singen
Danke Graz - 2010 gerne wieder