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> Hörkultur, ... und ihr Niedergang
caTekk
Beitrag 5 Oct 2004, 13:56
Beitrag #1


Flex Schallplatten
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Dem Charme der rauschfreien, unzerstörbaren CD konnte sich kaum jemand entziehen. Doch in Wahrheit leitete die CD den Niedergang der Hörkultur ein, der heute von MP3 & Co vollendet wird.

Schon damals wurde allerdings ein Verlust an Information als Fortschritt gefeiert: Das so genannte PCM-Signal (Pulse Code Modulation) der CD ist prinzipbedingt auf den Frequenzumfang von 20 bis 20.000 Hertz beschränkt. Das entspricht in etwa dem Bereich, den die Mediziner unserem Ohr zutrauen. Reicht das? Ich glaube nicht, die japanischen und holländischen CD-Entwickler meinten Ja. Geräusche, die im Spektrum darunter oder darüber liegen, fallen bei der CD also rigoros dem Filter zum Opfer. Eine gut aufgenommene LP bietet da einiges mehr.

Die Entwicklung rief freilich auch Mahner auf den Plan. Leute, die einfach ein bisschen genauer hinhörten und feststellten: "Nein, nein Freunde, die LP klingt eindeutig besser!" Das aber wollte damals keiner hören. Bitteschön! Man war in den Achtzigern, und das Credo dieser Umbruchzeit lautete: Ist doch alles digital - da kann es doch gar keine Klangunterschiede geben.

Es gab sie trotzdem, und sie waren zum Teil riesig. Die CD-Player der ersten Generationen klangen harsch und künstlich, doch die Industrie lernte schnell. Bereits Anfang der Neunziger gab es exzellente CD-Player, die auch anspruchsvolle Musikhörer zufrieden stellten. Der Qualitätsfanatiker Herbert von Karajan jedenfalls befand: "Im Vergleich zur CD ist alles andere wie Gaslicht." Zu Beginn der Neunziger hatte sich die CD endgültig durchgesetzt.

Die Lizenzgeber Philips und Sony werden gern an die Mittneunziger zurückdenken: Wer die aktuellste Musik hören wollte, kaufte eine CD - es war DAS Medium für Neuveröffentlichungen. Wer hochwertig Musik hören wollte, kaufte eine CD - Platten gab es ja kaum noch. Und wem die Qualität egal war, kaufte ebenfalls die CD - die billigere CompaktCassette war viel zu umständlich. Es gab eine Plattform, auf der sich fast alle Musikfreunde trafen: die CompactDisc.

Nicht alle Musikliebhaber konnten ihr Misstrauen gegenüber der CD ablegen: Die Geräte wurden immer besser, doch das elementare Software-Medium sollte klanglich limitiert bleiben? Es traf sich, dass Ende der Neunziger die CD-Patente (nach 25 Jahren) ausliefen und das Philips/Sony-Konsortium händeringend nach einem lizenzträchtigen Nachfolger suchte. Man fand es in Form der Super Audio CD (SACD), die nicht nur Musik auf fünf Kanälen, sondern auch einen viel größeren Frequenzbereich (20.000 - 100.000 Hertz) versprach. "Klingt wie eine gute Schallplatte" meinten selbst engagierte Analogverfechter.

Und plötzlich kam Schwung in die Sache: Auch der Mitbewerber Panasonic brachte - den Blick auf das Lizenzgeschäft gerichtet - mit der DVD-Audio einen höchst anspruchsvollen Tonträger auf den Markt. Die DVD-A bietet die Musik ebenfalls auf bis zu fünf Kanälen, einen Frequenzumfang von 20.000 bis 96.000 Hertz und sogar ein Standbild.

Beide Lager liefern sich seitdem einen reichlich unsinnigen Systemstreit, aber die Audiophilen waren trotzdem heilfroh: Na und? Dann hat der Musikliebhaber halt die Auswahl zwischen zwei hoch überlegenen CD-Alternativen. Klanglich traumhafte Zeiten schienen ins Haus zu stehen.
Wir hatten alle die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Den meisten Verbrauchern ist die Qualität der CD nämlich genug. Sie ist ihnen nur zu teuer. Die Plattenfirmen verlangen ja zum Teil unverschämt hohe Preise. Und natürlich kosten die neuen Superscheiben gleich noch ein bisschen mehr...

Die Folgen: SACD und DVD-A dümpeln im Brackwasser der Belanglosigkeit, die CD-Verkäufe gehen drastisch zurück, und die wichtigste Zielgruppe der Pop-Branche ist weitgehend aus dem legalen Konsum ausgestiegen: Die Jugendlichen, so gut wie alle im Besitz eines Computers mit Internet-Anschluss, laden ihre Musik meist kostenlos aus dem Netz oder überspielen ganze Festplatten bei Kumpels per Laptop. In Kinderzimmern entstehen so gigantische Musikarchive, schnell zugänglich und schnell mal kopiert. Neulich traf ich einen 13-Jährigen, der bereits respektable 15.000 Titel auf seinem Rechner gehortet hat. Dafür hätten wir damals ziemlich lange Cassetten bespielen müssen...

Mit etwas Verzögerung zieht nun auch die Musikindustrie nach. Auf Musikplattformen bieten die Platten-Label ihre Musik gegen kleine Münze zum Download an. Plötzlich steht ein gigantisches (und legales!) Angebot im Netz, mit dem sich kein noch so gut sortierter Plattenladen messen kann. Selbst Raritäten werden so problemlos zugänglich. Das ist für alle Musikfreunde interessant - nicht nur für Kids.

Doch es gibt einen Nachteil: Die Musikdateien sind, um sie schnell und günstig herunterladen und archivieren zu können, stark datenkomprimiert. Das übliche Format heißt MP3 und kommt mit einem Zehntel der CD-Datenrate aus; eine geschickte Psychoakustik verzichtet hier auf verdeckte Töne, die man angeblich sowieso nicht hört.Die Idee scheint zu stimmen: Auf der IFA 2003 in Berlin hat "stereoplay" einen großen Test verschiedener Komprimierungsverfahren gemacht: Ergebnis: Die meisten MP3-Hörer waren absolut zufrieden.

Und dennoch droht hier ein echter Kulturverlust. Wenn Musik vor allem im datenreduzierten Format angeboten wird, wäre es nur logisch, sie auch mit reduziertem Aufwand aufzunehmen. Das würde Speicherplatz und Geld sparen. Und hören kann das doch eh keiner, oder? Die Sache hat nur einen Haken: Was nicht aufgenommen wird, kann später auch nicht mehr zu rekonstruiert werden.
Eine solche Entwicklung wäre bitter. In Langzeit-Versuchen innerhalb der Redaktion "stereoplay" wurde festgestellt, dass der Konsum datenreduzierter Musik schneller ermüdet und stärker stresst als der von unkomprimierter. Die These: Weil das Hirn ständig die verdeckten Signale ergänzen muss, wird es mehr gefordert. Bislang haben alle Mediziner bei dem Thema abgewinkt: wissenschaftlich nicht haltbar. Egal. Wenn ich nach langem Konsum von Internet-Radio oder anderer MP3-Musik spürbar matt werde, lege ich eine schöne alte Platte auf: Da knistert es zwar ein bisschen, aber es ist alles drauf.

Und es ist lebendig....

Quelle : Spiegel.de


Der Beitrag wurde von caTekk bearbeitet: 5 Oct 2004, 13:57
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freetom
Beitrag 5 Oct 2004, 16:19
Beitrag #2


Die Wiener Liga
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sooo viele pros und contras, wie immer bei diesem thema!

ich hät qauch lieber alles mögliche (um nicht zus agen ALLES) auf platte, aber das ist eben alles nicht möglich und so kommt die unaufhaltbare technische revolution wieder zu geltung....und man muss kompromisse machen!
so traurig es auch ist - so gut ist es auch!

cheers, prost, salute!
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caTekk
Beitrag 6 Oct 2004, 17:28
Beitrag #3


Flex Schallplatten
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Klar kann man auf mp3 nicht mehr so leicht verzichten. Aber diese Entwicklung ist dennoch irgendwie komisch (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/tounge.gif) ... es gibt immer bessere Anlagen, dolby surround usw aber die qualität der musik selbst wird immer schlechter ... wozu dann der ganze technische Kram ? (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/wink.gif)
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Fobs
Beitrag 6 Oct 2004, 18:29
Beitrag #4


> Faah Bien <
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Dolby-Surround Anlagen zu Hause deswegen, weil sich der Käufer mit Geld sowieso einfach alles aufschwazen lässt und hinter den super Anlagen im Club stehen eh zwei 1210er (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/tounge.gif)
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Luminary
Beitrag 7 Oct 2004, 19:19
Beitrag #5


Eye-Q † 2002-2007
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Es gibt da ein Schlagwort dafür:
GEIZ IST GEIL

Diesen Satz kann man sehen wie man will. Die einen sehen mehr dahinter, die anderen halten sich nur an den Slogan und freuen sich (kurzfristig)...
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Derrick S
Beitrag 7 Oct 2004, 19:29
Beitrag #6


Reality Bites Rec (GER) Ocean Drive Rec (US) Receptive Rec (UK)
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dvd wird sich langsam auch durchsetzen gegenüber der normalen cd, merkt man ja jetzt schon bei spielen und programmen die auch schon auf dvd erscheinen

meiner meinung nur noch eine frage der zeit bis cd nicht mehr erwünscht ist, dvd player und brenner giebts auch schon fast für den preis eines wurstsemmerls in allen hofers und lidls

aber wer traut sich wirkich zu behaupten eine vinyl hört sich besser als eine cd an? anders viell. aber qualitativ besser? beispiele?

Der Beitrag wurde von derrick s. bearbeitet: 7 Oct 2004, 19:30
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Slavko Milosevic
Beitrag 7 Oct 2004, 19:41
Beitrag #7


Hardcoreposter
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ZITAT
aber wer traut sich wirkich zu behaupten eine vinyl hört sich besser als eine cd an? anders viell. aber qualitativ besser? beispiele?

Ich trau mich...das ist halt dieser warme knisternde Vinylsound... (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/music.gif)
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Derrick S
Beitrag 7 Oct 2004, 19:48
Beitrag #8


Reality Bites Rec (GER) Ocean Drive Rec (US) Receptive Rec (UK)
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meiner meinung nach giebts nur gute und schlechte aufnahmen

eine extrem gute wäre für mich z.b.: buena vista social club - chan chan

das hört sich auf der beschissensten anlage einfach sehr gut an (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/music.gif)

man kann den zauber der da bei der aufnahme in der luft war auch von der cd spüren (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/wink.gif)

Der Beitrag wurde von derrick s. bearbeitet: 7 Oct 2004, 19:51
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Fobs
Beitrag 7 Oct 2004, 21:57
Beitrag #9


> Faah Bien <
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ZITAT(Eye-Q @ 7. Oct 2004, 20:22 )
GEIZ IST GEIL

Ich hasse diese Werbung, da bekomm ich die Krätze. Hab Saturn echt wegen der Werbung lange gemieden, nur die Preise ziehen mich ab und zu mal wieder an....
(IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/baaa.gif)
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Luminary
Beitrag 8 Oct 2004, 02:49
Beitrag #10


Eye-Q † 2002-2007
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Nur ist es DAS Schlagwort (eher -satz) der letzten Jahre... Und die 'Auswirkungen' begrenzen sich nicht nur auf die Preise des Elektronikmarktes!
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eigengrau
Beitrag 8 Oct 2004, 20:59
Beitrag #11


BMFH
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Das interessante an der Diskussion ist, dass es früher nicht besser war. UKW hat einen sehr geringen Frequenzbereich und auch die gute alte MC war frequenzmäßig schmall und mit ausreichend Rauschen versehen.

Format die MP3 müssen deshalb nie so gut wie eine CD sein. Generationen vor uns sind mit schlechter Qualität ausgekommen. Der Vorteil der komprimierten Formate ergibt sich dann in der mobilen Welt. So sind digital Hubs wie iPod erst möglich. Die CD ist dafür zu gross. Und auch die Datenrate für halbwegs naturgetreu ist einfach zu hoch.

Aber was ist schon naturgetreu? Eine LP sicher nicht. Überall wir verzerrt und gegengezerrt. Das ist nun mal der Nachteil der Technik. Dafür ging die Musik den Weg von den Konzerten zu Abspielgeräten für die Massen, zu Tonträgern im eigenen Heim, und mittlerweile eben immer mehr zu mobilen Geräten die man immer dabei haben kann.

Der Vorteil überwiegt.

Und die geilen Anlagen sind weniger etwas für den passiven Konsum (wer hört "aktiv" MP3s?). Die meisten kaufen sich die Dinge um sich Filme in vollem Kinogenuss geben zu können. Das widerspricht nicht den MP3s die davor und danach wieder dudln.

b4n

PS: Ich muss aber sagen, dass in der Tat MP3 nicht ein sehr sauberes Format ist. Es behandelt Fehler zu hart. Ein verschwimmen wie in Ogg Vorbis empfinde ich viel angenehmer.
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