Seit einigen Jahren hält das Lebensgefühl der 1930er Jahre wieder Einzug in die hiesige Jugendkultur. Hosenträger, Schiebermützen und Petticoats finden reißenden Absatz, Swing- und Lindy-Hop-Tanzkurse platzen aus allen Nähten und Acts wie Parov Stelar, Caravan Palace, Kormac und Swing Republic liefern mit elektronisch aufgefettetem Swing – kurz Electro Swing – den passenden Soundtrack dazu. Mit dem Electro Swing Carneval hat dieses Movement in Wien einen monatlichen Treffpunkt, der in unserer Interview-Serie über die bedeutendsten Veranstaltungen der Stadt natürlich nicht fehlen darf!


Electro Swing Carneval – wer steckt hinter diesem Namen? Was macht ihr und wer ist bei euch wofür zuständig?


Den Electro Swing Carneval haben Adish, ein Wiener Musikproduzent und Marx West, der ehemalige Musikmanager des Ost-Klubs gegründet.


Wir haben beide Preferenzen, was Acts betrifft, aber Adish kümmert sich mehr um das Booking, weil Marx mit seinem veganen Bistrot Harvest viel um die Ohren hat. Wir beide legen unsere teilweise sehr voneinander verschiedenen Nu-Swing-Sets auf, hosten unsere internationalen Gäste gemeinsam und zeigen ihnen Wien, wenn es sich zeitlich ausgeht.


Seit wann ist Electro Swing Carneval im Wiener Nachtleben aktiv, und wie ist es überhaupt dazu gekommen?


Kalletti Klub (Hamburg) beim Electro Swing Carneval
Eigentlich war es eine spontane Idee. Wir wollten zur Faschingszeit eine Party im Leopold machen und hatten noch keinen musikalischen Schwerpunkt. Marcus hatte – in Kooperation – schon seit 2007 im Ost Klub ein Swing Event – eine Mischung aus Live-Bands und anschliessender Electro Swing Auflegerei. Adish veranstaltete wiederum im Leopold Radio Vira Mundo â€“ ein Showcase aus moderner “Weltmusik” – wo es auch bereits mehrere brasilianische angehauchte Carnivals gab.


Da uns beiden Electro-Swing sehr gut gefiel und der Sound gerade durch Releases von z.B. Parov Stelar oder Caravan Palace stark im Kommen war, entschieden wir uns, einen Electro Swing Carneval zu machen (samt Rechtschreibfehler den wir erst entdeckt haben als bereits Flyer gedruckt, Facebook Seite erstellt war und der jetzt unsere persönliche Note ist


Und wie sieht es bei Electro Swing Carneval aktuell aus – wo und wie oft macht ihr Veranstaltungen? Welche Idee und welches musikalische Konzept verfolgt ihr, und welches Publikum wollt ihr damit ansprechen?


Nach den Regressionen der ansässigen Nachbarn gegen den Ost-Klub – der zu dessen Schliessung geführt hat – haben wir uns entschieden, ausschliesslich im Leopold zu veranstalten und haben dort eine wahre Heimstätte gefunden. Wir veranstalten zur Zeit monatlich. Unser Zielpublikum ist breit gefächert, eint sich aber in einer offenen Haltung zu Musik und Genres, da im Electro- bzw Nu-Swing die Stilrichtungen verschwimmen und wir uns musiklisch ungern festlegen. Daher sind unsere Bookings sehr unterschiedlich. Was wir nie wollten war eine Mottoparty (auch wenn es in diesem Fall so enstanden ist), wo die Leute kommen um gesehen zu werden anstatt sich für die Musik zu interessieren.


Wie ist es aktuell, in Wien Partys zu veranstalten, könnt ihr davon leben? Was motiviert euch, damit weiter zu machen, was macht euch eher zu schaffen, welche Probleme seht ihr?


Davon leben? Der war gut Wir haben beide unsere Brot-Jobs, veranstalten und auflegen ist unser “Hobby”. Wir lieben es einfach, uns die Nächte um die Ohren zu schlagen, aber sorgen dabei lieber selber für die Musik. Und wir freuen uns sehr, die Leute feiern zu sehen. So anstrengend das sein kann, es gibt uns viel Energie.


Swing A Ting, Schinowatz Bobofkof, Mr. Harvey Miller und Bastard Bastoni (v.l.n.r.) beim 3 Years Birthday Bash von Electro Swing Carneval
In welche Richtung entwickelt sich die Wiener Szene eurer Meinung nach, gibt es genug gute Veranstaltungen oder vielleicht sogar zu viele? Wie steht Wien aus eurer Sicht im internationalen Vergleich da, wie seht ihr die Wiener Clubs und welche Entwicklungen würdet ihr euch für die Zukunft wünschen?


Leider ist die Wiener Club-Szene an musikalischer Vielfalt sehr begrenzt. Fast überall hört man den gleichen House oder Hip-Hop Einheitsbrei. Es fehlt derzeit definitiv an Mut zum Progress, und das macht das Wiener Nachtleben im Vergleich zu anderen Städten ziemlich langweilig. Die Einstellung der Party People spielt dabei natürlich auch eine große Rolle. Hier vermissen wir teilweise ebenfalls die Offenheit und den Wunsch, in einem Club zu gehen und zu Musik abzutanzen, die man eben nicht kennt.


Wenn ihr auf eure bisherige Laufbahn als Veranstalter zurückblickt: Was waren die Highlights, woran erinnert ihr euch gerne?


Wer sich erinnert war nicht dabei Da die Szene die wir bedienen aber relativ klein ist und wir selber DJs sind, freuen wir uns immer besonders über “Gegen-Bookings”, die uns schon sehr feine Gigs z.B. in Paris, London, Genf, etc. beschert haben. Wir verbinden diese Bookings gerne mit einem mehrtägigen Aufenthalt, sozusagen ein Kulturausflug.


Und welche Momente waren für euch am schwierigsten?


Wer sich erinnert war nicht dabei


Gab es bei euren bisherigen Partys auch Bookings, die ihr definitiv nicht mehr machen würdet? Und wenn ja, wieso?


Scooby Duo (Irieology & Olinclusive) bei Electro Swing Carneval
Naja, nicht immer funktioniert die Verbindung von Künstler zum Publikum, manche Acts buchen wir dann vielleicht nicht mehrmals. Wir können aber behaupten, diesbezüglich noch nie einen totalen Reinfall erlebt zu haben. Das liegt vor allem daran, dass wir unsere Artists nicht nach Followern auf diversen Social Network Seiten aussuchen sondern nach deren Musik oder Mixes. Deshalb sind bei unseren Bookings neben diversen “Grössen” auch immer wieder Newcomer dabei, an die wir einfach glauben. Bis jetzt gefiel das unserem Publikum genauso gut wie uns. Menschlich gab es noch nie ein Problem.


Wenn Geld und sonstige Ressourcen keine Rolle spielen würden – wie würde die Party eurer Träume aussehen, und wer würde dort auftreten?


Es gibt natürlich einige Acts die wir uns nicht leisten können wie z.B. Caravan Palace oder ein Parov Stelar DJ Set. Aber die Party unserer Träume wäre wohl eher eine genreübergreifende Veranstaltung, wo oben genannte Künstler mit Bands wie Cat Empire und Balkan Beat Box aufeinandertreffen, aber neben der musikalischen Komponente auch verschiedene Formen von Kunst und Kulinarik eine Rolle spielen. Und vielleicht ein Lagerfeuer wo Manu Chao ein unplugged Solo Konzert gibt. Einfach so…


Nachdem sich das Jahresende mit großen Schritten nähert: Was darf man 2016 und darüber hinaus von euch erwarten?


Ganz klar werden wird es den Electro Swing Carneval in gleichbleibender Qualität weiterhin geben. Für die Wintermonate haben wir bereits ein großartiges Programm erstellt. Wir arbeiten aber auch zusätzlich an einem zweiten Konzept, das musikalisch noch viel offener und vielfältiger sein wird. Darüber können wir aber jetzt noch nichts verraten…


Und zum Schluss natürlich die obligatorische Frage – wie gefällt euch die neue Play.fm-Seite, was würdet ihr euch als Veranstalter davon wünschen?


Was uns sehr gefällt ist das der Focus gleichermassen auf bekannten wie Nischen-Acts gerichtet ist, als Veranstalter wünschen wir uns natürlich mehr Werbe-Möglichkeiten , selbstverständlich gratis


Danke für die fantastische Arbeit, die Wiener Club und Musikszene braucht genau solche Enthusiasten wie Euch.


Neben einem netten Interview haben uns Adish und Marx West hier auch noch zwei Hörproben davon zur Verfügung gestellt, wie Electro bzw. Nu Swing im Jahr 2015 so klingt – wer mehr davon hören möchte hat wie jeden Monat auch am 12. Dezember im Cafe Leopold Gelegenheit dazu, diesmal mit Arts & Leni aus Hamburg als Special Guest!






Electro Swing Carneval Promo Mix by on play.fm







Electro Swing Carneval Promo Mix 2 (Electro Blues Special) by on play.fm





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