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> Claus Bachor Interview, Sehr gutes Interview zur Lage der Nation
g.
Beitrag 2 Mar 2006, 13:20
Beitrag #1


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ZITAT
Claus Bachor (15.02.2006)
Das Interview führte: Mirko Seifert

Claus Bachor "besitzt" von wichtigen Deejay-Fähigkeiten mehr als genug: Zum einen legt er seit 28 Jahren auf, zum anderen hat er über 40.000 Vinyl-Scheiben in seinem Archiv. Darüber hinaus schreibt, organisiert und produziert er. Grund genug, ihn zu Wort kommen zu lassen:


Techno.de: Wie und wo hast du Silvester 2005/2006 verbracht?

Claus Bachor: Als DeeJay im Sensor Club bei dessen Closing Party. Im Ergebnis ein übervoller Club mit wohl über 1.000 Gästen im Durchlauf. Dazu auch viele sog. „alte Gesichter“ und eine phänomenale, so schon oft vor Ort erlebte Stimmung und Atmosphäre, die noch einmal unterstrichen hat, warum der Sensor Zeit seines Bestehens in der Deutzer Essigfabrik zu Kölns besten Techno/House-Clubs zu zählen war. Am Ende der Nacht natürlich auch wieder eine entsprechende Ernüchterung angesichts der Tatsache, dass hier ein Club aus eher schon banalen Gründen seine Pforten schließen musste, die durchaus vermeidbar bzw. bei entsprechender Bereitschaft auf allen beteiligten Seiten zu klären gewesen wären. Man kann hier also durchaus schon von einem unnötigen und eher bitteren Verlust für die hiesige Clublandschaft sprechen. So gesehen als persönliches Sylvester-Fazit dann XTC, Passion and Pain!


Techno.de: Du bist langjähriger und erfahrener Redakteur und Journalist. Welche Chancen gibst du heute den aktuellen Dance-Magazinen im Print-Bereich?

Claus Bachor: Meine Einschätzung der augenblicklichen Situation von Dance relevanten Printmedien ist aktuell noch (!) eine relativ abwartenden Position, da wir uns derzeit aus meiner Sicht noch in einer Übergangsphase im Konsumentenverhalten vom Print auf die Web-Medien befinden. Lege ich allerdings z.B. meine eigenes Verhalten oder das mir bekannter, ähnlich handelnder Kollegen zugrunde, werden Printmedien (das gedruckte Wort in Bücher evtl. einmal ausgenommen) generell in naher Zukunft gegenüber Web-Medien immer mehr an Bedeutung verlieren (das Problem ihrer Finanzierbarkeit – der Webmedien also - in der Zukunft einmal ausgeklammert).

Spätestens seit der Geburt meines Sohnes vor zwei Jahren lese ich selber allein schon aus reiner Zeitersparnis z.B. immer weniger Tageszeitungen, und rufe mir meine Informationen zum Tagesgeschehen Flatrate gestützt und eben tagesaktuell aus dem Netz ab. Ähnlich verhält es sich ebenso mit allem, was man sich früher im monatlichen oder zweimonatlichen Turnus, und immer auch behaftet mit dem entsprechendem zeitlichen Verfallsstatus - bedingt durch den diesen Mags immer immanenten Produktionsablauf aus Redaktion / Druckvorstufe / Endstufe -, aus Magazinen wie Raveline, Groove aber auch etlichen anderen anglo-amerikanischen Mags teilweise nur unbefriedigend erlesen musste (das galt im übrigen in Teilen sicher auch für das eigene frühere Mag, die d2000).

Heute stehe ich wie jeder Fachinteressierte, wenn ich will, in ständiger Kommunikation mit DJs, Produzenten, Labels , die mich interessieren. Ich erhalte vielfach selbst ohne mein Zutun ebenso neueste, Themen spezifische Infos aus dem Netz, die ich für mich selbst je nach Standpunkt objekiviere oder umgekehrt. Derzeitige relevante Printmedien, sind mir mittlerweile, neben vielen anderen inhaltlichen Kritikpunkten zum Thema House und Techno in diesen, einfach auch zu behäbig in der Weitergabe der Information. Wenn ich mal – ich beschaffe mir ebenfalls mittlerweile einen Grossteil meiner Platten, insofern ich sie nicht als Promo erhalte, nur noch über das Netz – mittels einer Plattenlieferung z.B. eine GROOVE erhalte, überfliege ich diese nur aus den o.a. Gründen, weil per se für mich nicht viel neues drinsteht, aber auch leider wegen des in ihr stattfindenden, offensichtlichen „Protektionisnus“ wie auch ihrer inhaltlich einseitigen Focussierung zu Gunsten des europäischen Techno-Minimalismus, die viel von dem vernachlässigt oder unterschlägt, was derzeit wirklich an elektronischer Musikkultur von House bis Techno stattfindet. Ausgenommen von dieser Kritik bleibt im Übrigen cum grano salis eine DE:BUG, die es, im Netz ebenfalls sehr gut vertreten, durchaus clever versteht, sich zumindest in Teilen dem von journalistischen Qualitätsstandards weit entfernten Einbahnstraßen-Journalismus der deutschen Dance-Journalie, der oft nur auf einer Quelle beruht und im wesentlichen die Botschaft ihres Absenders (i.d.R. Tonträgerindustrie / Markenartikler / Technikausrüster) transportiert, zu entziehen.


Techno.de: Hätten neue Print-Magazine heute noch eine Chance?

Claus Bachor: Ich glaube allein vor dem o.a. und sich immer konkreter abzeichnenden Hintergrund immer weniger. Und im übrigen: Wodurch sollten sich neue Dance-Print-Medien wirklich auf spannende, innovative oder politisch durchgängig korrekte Weise noch von den schon bestehenden Medien grundlegend unterscheiden. Sie könnten es zwar einem derzeit eher fiktiven Anspruch nach, doch wohl kaum ein Verleger wird sich den in diesem Lande ungeschriebenen Marktgesetzen und dem von Professor Michael Haller (Universität Leipzig) auf dem 18. Journalistentag so trefflich prägnant beschriebenen Phänomen "Der Macht der PR, die einher geht mit der Ohnmacht der Journalisten“ mit ihrer Gretchenfrage „Verkommt der Journalismus im bequemen Bett von PR und Marketing?" wirklich entziehen wollen, weil dann ja sofort seine Finanzierungsdecke zusammenbräche, und der Weg der über Authentizität, Kritikwillen und Risikobereitschaft zu einer besseren Alternative der meisten derzeit bestehenden Dance-Medien führt, nur eine lange, kaum überwindbare Durststrecke verspricht. Sprich die relevanten und zur Finanzierung ausschlaggebenden Anzeigenpartner würden dieses neue, nach traditioneller journalistischer Ethik Idealmedium am ausgestreckten Arm verhungern lassen, bzw. ihm nur beiläufig Beachtung schenken wollen.

Man sollte sich nur einmal folgenden, für die deutsche Dance-Medien-Landschaft durchaus exemplarischen „Umstand“ bewusst machen: Ein Musik-Redakteur beim Dance-Magazin KLÄCKKS mit Namen Tom, der gleichzeitig Resident-DJ einer Labelnacht in einer westdeutschen Großstadt ist, hinter der wiederum ein dazugehöriger gleichnamiger Vertrieb – nennen wir ihn einfach mal „MENSCHENFREUND“ steht, macht sich in seiner Kolumne i.d.R. zu 90% (ganz klar, natürlich auch weil er dahinter steht) für Veröffentlichungen im Maximaltechno-Sektor stark, die sich wiederum zu 100% mit der programmatischen Linie des o.a. Vertriebes decken. MENSCHENFREUND wiederum schaltet in der Regel in purer Dankbarkeit Anzeigen in eben diesem Magazin KLÄCKKS, wie auch in einem zweiten Magazin mit Titel SCHWOOOF im Osten der Republik, das wiederum über das gleiche Verlagshaus HAY-FISH im Süden unseres Landes, insbesondere auch über eine dahinter befindliche Mediakombi z.B. im Verbund mit weiterenm, die richtige Kohle abwerfende Point-Of-Sales Mags, wiederum mehr mit KLÄCKKS in einem Boot sitzt, als der unbefangene Leser es wahrscheinlich vermuten will. Man vermag jetzt schon zu erahnen, dass die programmatische Ausrichtung von KLÄCKKS und SCHWOOOF im Bereich elektronischer Musik ungewollt aber eben nicht wesentlich differiert, und man nach dem Modell der „positiven“ Verstärkung dem unbedarften Leser ganz selbstlos eben nur doppelte Hilfe bei seiner möglichen Tonträger-Kaufentscheidung angedeihen lassen möchte. Doch es kommt, sagen wir noch „karitativer“, denn der ebenfalls selbstlose Chefredakteur eines weiteren Dance-Titels mit Namen HERRAIN in der oben schon erwähnten westdeutschen Großstadt hat wie der reine Zufall es nun mal herbeigeführt hat – und was läge auch beim Namen des Vertriebes eigentlich noch näher? - , gleich zwei eigene Tonträger-Imprints bei MENSCHENFREUND im Vertrieb und huldigt ebenfalls nur einer bloßen, eigenen Neigung folgend in seiner persönlichen Kolumne „Gaanz Weit Ooben“ dem Maximaltaumel. Ganz klar, dass MENSCHENFREUND auch diesem in inniger Freundschaft verbunden ebenfalls Anzeigen in HERRAIN ganz ohne Hintergedanken schaltet. Gleichzeitig beschließen die Redaktionen von KLÄCKKS, SCHWOOOF und HERRAIN für einen weiteren DJ aus dem engeren Umfeld von MENSCHENFREUND, Jerry Feiermeyer, weil er eben ein fürchterlich netter Kerl ist und ganz dufte Musik macht, dessen neues Album, natürlich ganz unabhängig voneinander, zum Thema ihrer jeweils nächsten Ausgaben zu machen und ihm das Prädikat „Superphatt“ zu verleihen, obwohl das Album streng genommen in etwa das Schlechteste darstellt, was dieser prächtige Pfundskerl seit Jahren produziert hat. Aber er ist ja wirklich ein Netter Vetter (?), und kommt viel rum, hat wirklich wichtige Freunde. Und außerdem will MENSCHENFREUND auch weiter Anzeigen schalten, was man natürlich nicht so einfach ablehnen kann. Schließlich sind wir ja alle irgendwie ganz dicke Freunde, oder? Und MENSCHENFREUND ist über soviel Selbstlosigkeit in der Szene zu einer wirklichen, moralischen Größe geworden, die man einfach nicht verärgert, sondern fair behandeln muss. MENSCHENFREUND, ganz Menschenfreund eben, suggeriert seiner treuen Gefolgschaft, gleichfalls unter tätiger Mithilfe seiner Freunde, dass es im Übrigen ab sofort nur noch Maximaltechno gibt und alle anderen Richtungen von Techno zwischen Alaska und Feuerland aufgrund eines Supergaus an kreativem Qualitätsverfall urplötzlich ausgestorben sind. Fast alle Konsumenten wollen dieser Botschaft folgen, und kaufen nun noch mehr Platten vom guten MENSCHENFREUND. Die wenigen, die nicht guten Glaubens sind, also die richtigen Ungläubigen, stürzen sich dagegen aus lauter Verzweiflung in den großen Fluss, der durch die westdeutsche Metropole führt, in der MENSCHENFREUND ansässig ist. Doch MENSCHENFREUND hat, ganz weise und als umsichtiger Lebensretter, vorgesorgt, und lauter kleine Rettungsinseln aus kreisrundem, schwarzen Vinyl, natürlich mit dem MENSCHENFREUND Branding der höheren Auffälligkeit für Ungläubige wegen versehen, auf diesem Fluß ausgesetzt. Jetzt können auch die letzten Ungläubigen nicht mehr widerstehen, klammern sich an eben jene Rettungsinseln und treiben zurück ans Ufer um nach ihrer Rettung mit allerlei Labsaal aus dem Fundus der mit MENSCHENFREUND ebenfalls befreundeten Markenartikler wieder zu Kräften gebracht zu werden. Anschließend werden die so Erretteten, um einen ungesunden Rückfall in alte Gewohnheiten auszuschließen, mittels Techno-Express-Sonderzug sponsored bei T-OP-MODELL in eine weitere westdeutsche Metropole zu einem Mega-Rave mit Sinn spendendem Namen HEALTHDAY verfrachtet, wo ihnen der ebenfalls aus dem MENSCHENFREUND Umfeld stammende DJ King Dampfbacke die allerneusten MENSCHENFREUND-MAXIMAL-Techno-Bretter um die Ohren knallt, das ihnen nicht nur Hören und Sehen sondern endgültig auch der letzte minimale Rest an Ungläubigkeit vergeht. Macht aber fast gar nichts. Denn immerhin hatte King Damfpbackkes Karriere einmal so begonnen: Ruft der Chef vom MENSCHENFREUND Vertrieb - Insidern auch bekannt als der Mann ohne Matura aber dennoch mit der gewissenhaften Ausstrahlung eines Oberlehrers - eines Tages mit subtil hintersinnigem Grinsen im Gesicht bei den Redaktionen von KLÄCKKS, SCHWOOOF und HERRAIN an und bittet um folgende freundliche Geste der Unterstützung: „Also unsere Resident Jocks Tom & Jerry sind mit ihren menschenfreundlichen Bookings mittlerweile rund um den Globus aktiv und völlig überlastet. Wir müssen hier sofort noch unbedingt eine dritte Maximal-Techno-Waffe schmieden, um die Menschen endgültig restlos glücklich zu machen. Also Freunde, unser Mann heißt zwar nur Dumpfbackke mit doppeltem K, hat bei uns auch bisher nur im Vertrieb wie ein anständiger Pionier Pakete auf seinen Rumpf gestemmt, aber als „King Dampfbackke“ klingt das doch alles schon viel besser. Also ihr macht das schon und nehmt jetzt einfach mal die Charts und ein nettes Foto oder `ne kleine Story von unserem, Dumpfi, äh King Dampfbackke in eure nächste Ausgabe. Ach so, und über die Anzeige für die nächste Ausgabe sollten wir auch gleich schnell reden. Habt ihr eigenlich schon unsere neuen Platten mit Presseinfos erhalten? ...“

Ein Schelm der angesichts dieser Satire Böses denken könnte, doch die Realität ist annähernd die Gleiche. Die journalistischen Maßstäbe sind auch in der deutschen Dancepresse analog zur deutschen Tagespresse längst verrutscht. "Öffentlichkeitsarbeit simuliert immer mehr Journalismus oder versucht sich als Trojanisches Pferd unerkannt einzuschleichen" (Haller) und dokumentiert ebenso ein Armutszeugnis einer journalistischen Berufsauffassung bei einem nicht unwesentlichen Teil der beteiligten Protagonisten. Das einst im Pressekodex des Deutschen Presserates verankerte Trennungsgebot von Werbung und redaktionellem Inhalt nimmt tagtäglich auch in den Dance-Medien nicht unerheblichen Schaden und hier betroffene Verleger wie Journalisten-Kollegen sollten vielleicht einmal gemeinsam sehr genau überlegen, wo sie heute noch die Grenze zwischen legitimer und illegitimer Beeinflussung ziehen. Auch den Werbekunden müsste eigentlich klar sein, dass sie auf lange Sicht nichts davon haben, wenn ihre Trägermedien immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren. Auch für den Leser kann es kein Vorteil sein, dass er, auf der Suche nach neutraler Information, meist nur noch einer gut getarnten PR Kampagne aufsitzt. Natürlich resultiert diese Problematik zum einen aus der für die Dance-Presse besonders signifikanten Sachlage, dass durch Produktionsdruck und schwindende Manpower auch in den Dance-Redaktionen die Tendenz zu unkritischer Berichterstattung wächst. Auf der anderen Seite entsteht leider auch durch die immer weniger journalistisch ausgerichtete Ausbildung von Schreibern bei den Magazinen selbst wie der in ihrem Rückraum agierenden PR-Leute ein zusätzliches Defizit. Denn so kommen Texte als sog. Produktinfo - Informationen kann man vielfach kaum noch sagen - für die Medienarbeit zustande, die nicht einmal geringsten Pressestandards genügen, sondern nur noch Marketingblabla bestimmter Interessengruppen darstellen, und die ich häufig selber nicht mehr lesen mag. Folge: der schon oben erwähnte Einbahnstraßenjournalismus. Aufgeklärte, anspruchsvolle PR könnte dagegen durchaus zu sehr tragfähigen, konstruktiven Kooperationen mit Redaktionen führen. Und zum Vorteil der Leser wie zum Vorteil der Absenderunternehmen. Doch angesichts des gegenwärtigen Gesamt-Missstandes halte ich es persönlich doch noch am liebsten im übertragenen Sinne mit George Clintons Botschaft „Free Techno from The Blaahs ...!“ Bitte bis auf Weiteres also keine neuen deutschen Dance-Medien! Ich vermag nicht zu glauben, dass sie es denn besser machen würden als die bisherigen. Und wer soll und wird das dann alles noch lesen, bzw. kaufen?


Techno.de: Du arbeitest an einem neuen Review-Magazin im Onlinebereich. Erzähl uns doch mehr darüber!

Claus Bachor: Eigentlich ist das mittlerweile sogar schon mehr eine Kombination (derzeit aber auch noch eine Baustelle) aus zwei Web-Portalen in einer Form von Aufgabenteilung und daneben eine – bezogen auf deren für den elektronischen Musikbereich relevanten Contentanteil – Weiterführung der d2000-Idee. www.LUVletter.org soll in Zukunft, entgegen seiner ursprünglichen Ausgangszielsetzung in 2004, in erster Linie Story- (Documents / hier auch gleichzeitige Club-seitige Präsentation in Köln) oder Streit-Themen (Questionmark) relevante Inhalte elektronischer Musik abbilden, während die Subsidiary-Site www.spyinthehouse.de in Anlehnung an die frühere d2000-Rezensionsstrecke für Reviews von überwiegendem Vinylmaterial in House, Techno, Electro steht, dass in der deutschen Dance-Medien-Landschaft, aus welchen Gründen auch immer, derzeit eher unterrepräsentiert ist. Also eine Informationsalternative zu den schon bestehenden Möglichkeiten im Print. Zwischen beiden Sites gibt es dann noch ein stärkeres Bindeglied in Form von „Old Gold Retold“, sozusagen der Geschichtsbilder, der auf der einen Seite Story-Content für LUVletter mit Stories u.a. über Herbie Hancock oder George Duke als wichtige Grundlagenschaffende für elektronische Musik stellt, und auf der anderen Seite Reviews von Grundlagenmaterial aus den Bereichen Funk, Disco / Mutant Disco, Electro, New Wave, Hi-NRG, Proto-House (1982 – 85) zum besseren Grundlagenverständnis liefert. Dass diese Idee so nicht unbedingt falsch sein kann, hat ja schon das erstmalige und danach regelmäßige Auftauchen dieser Kolumne mit den entsprechenden Leserreaktionen in der d2000 eingangs 2000 gezeigt und das – die zeitliche Koinzidenz lässt das durchaus vermuten – wahrscheinlich in Folge dessen nachgelegte Auftreten ähnlich gearteter Strecken wie „Aus dem Plattenschrank von XYZ“ in der Nachbarpresse. Insgesamt gesehen gibt es ja hinsichtlich der kompetenten Aufarbeitung der Geschichte elektronischen Musik gerade in der deutschen Presse nicht erst seit dem bestehen von House mit ihren vielen pseudowissenschaftlichen Fehlinterpretationen, Unterlassungen und beim Leser Missverständnisse verursachenden Wirkung einen eindeutigen Nachholbedarf. Viel von dem, was da heute so in der Techno/House-Landschaft draußen stattfindet, funktioniert wahrscheinlich nur so, wie es derzeit abläuft, weil man dem Konsumenten ständig vielfach mit Duldung der Presse oder deren simpler Unwissenheit ein „U“ für ein „A“ verkaufen kann. Hier soll eben „Old Gold Retold“ eben verstärkt ansetzen, die Dinge richtig zu stellen, bzw. einen breiteren Blickwinkel auf verschiedene Themenstellungen zu beschaffen. Ein Artikel über Herbie Hancock, wie er z.B. in der Vergangenheit einmal im DJ-Technik-Part der Groove stattgefunden hat, ist – wo wir schon beim Thema sind - hinsichtlich seiner biografischen Unterlassungen im Kern und seiner Ausgangsfragestellung völlig unbefriedigend, und zieht die durchaus berechtigte Frage nach sich, wo der hier handelnde Kollege eigentlich sein journalistisches Handwerk bzgl. Recherche und Abschluss eines solch schwergewichtigen Themas überhaupt erworben hat.

Ich weiß natürlich, dass Äußerungen wie diese, in einer langweiligen „Konsenz“-Techno-Community wie der deutschen wie auch dem eigenen Standort Köln, die beide am liebsten nur noch nach dem Prinzip „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ funktionieren möchten – positive Ausnahmen wie die Äußerungen von Jay Haze in Richtung Michael Mayer, mit denen ich im übrigen völlig d´accord bin, in der Groove (hier ein gutes Beispiel) einmal ausgenommen – , in irgendeiner Form nicht ungesühnt bleiben werden. Sie werden natürlich auch nicht jenen Standeskollegen gerecht, die durchaus Leistungsträger unseres Standes geblieben sind. Hans Nieswandt oder Uh-Young Kim, sind z.B. Kollegen deren Beiträge ich immer wieder gerne lese, die wirklich Hand und Fuß besitzen, und die von der Kritik stellvertretend auszunehmen sind. Sobald aber insgesamt irgend einer doch aus der o.g. Formation ausschert, ist nur noch aufgeregt von „Nestbeschmutzung“ die Rede, ohne die eigentlichen Ursachen dafür selbstkritisch zu hinterfragen.

Allerdings kann man sich eben heute auch mittels Internet immer mehr, sozusagen in Form einer Derogation, und mittels entsprechend gepflegten Newsletter-Systemen an den bestehenden Printmedien vorbeikommunizieren und sich Gehör verschaffen. LUVletter.org verspricht mir persönlich dahingehend zumindest die völlige geistige Freiheit, die es am anderen Platz, wo das Geld überwiegend in irgendeiner Form regiert, heute so nicht mehr gibt. Wenn ich da rückblickend auch an meine eigene Zeit als CUT-Chefredakteur oder die d2000-Herausgeberschaft denke, bedeutet das am Ende heute einfach mehr geistige Gesundheit, in der Form sich und seinen Überzeugungen selber völlig treu bleiben zu dürfen. Für den LUVletter.org Leser hoffentlich aber auch zukünftig ein Plus an alternativem Angebot und Erklärung. Auch wenn unser Team im Augenblick noch relativ klein ist, und mein eigener zeitlicher Verfügungsspielraum noch nicht der ist, den ich mir selber für dieses Medium vorstelle, sind wir da mittlerweile durchaus auf dem richtigen Weg.


Techno.de: Du warst Herausgeber u. a. der d2000. Wie schwer fiel dir die Einstellung des Magazines nach 6 _ Jahren in 2003?

Claus Bachor: Zugegebenermaßen war das natürlich wirklich nicht gerade leicht den eigenen Lebenstraum und das eigene Wunschbild eines Dance-Magazins aufgeben zu müssen. Wenn ich allerdings die bei dünner Personaldecke zeitlich organisatorische und journalistische Eigenanforderung von oft 16 Stunden pro Tag, und das die ganze Woche über, verbunden mit der Auflegerei an den Wochenenden Revue passieren lasse und mir gleichzeitig zwei Übernahmeversuche von Marktmitbewerbern sowie die ständigen Auseinandersetzungen mit meinem späteren Geschäftspartner sowie die Einflußnahmeversuche der relevanten Tonträger und Markenartikler-Industrie sowie deren Folgen sowohl für meine eigene Physis wie auch Psyche vergegenwärtige, möchte ich das auch so nicht wieder erleben. Am Ende würde ich sagen, war die d2000 ein Medium, dass sicherlich das eine oder andere Wunschthema erstmalig in Deutschland aufgegriffen hat und einige Dinge in so bisher nicht existenter Form beleuchtet hat. Auf der anderen Seite war dieses Magazin auch, gemessen an den Determinanten des Marktes leider eine Fiktion, die letztendlich an diesen, aber auch an hausgemachten Problemen und an der eigenen Unfähigkeit nicht loslassen zu wollen gescheitert ist. Heute bin ich froh, dass diese Phase, wenn auch noch nicht ganz in den materiellen Folgen, doch zumindest mental in der Schlusskonsequenz für mich abgeschlossen ist.


Techno.de: Wo und wie findest du Entspannung nach dem Auflegen, Organisieren und Produzieren?

Claus Bachor: Offen gestanden nur kurz und selten. Ich habe einen sehr, sehr lebhaften zwei Jahre alten Sohn, der mich wie auch meine Frau tagtäglich angesichts einer völlig unbefriedigenden Kita-Situation an unserem Wohnort enorm auf Trab hält, wohlgemerkt aber auch sehr im Positiven. Der aber naturgegeben den zeitlichen Verfügungsraum für meine persönlichen Ambition in gewisser Weise schon einschränkt. Damit diese dann eben auch nicht zu kurz kommen, befinde ich mich da eher in einem ständigen Widerstreit zwischen der Lust zu Arbeiten und der Notwendigkeit zu entspannen. Lesen, gute Kinofilme und Sport sind da auf jeden Fall ein gutes Mittel, ein Stress freies Privatleben insgesamt allerdings mindestens genauso. Sagen wir mal so: das Ganze ist im Moment in gewisser Weise ein durchaus halsbrecherischer Drahtseilakt zwischen allen drei angesprochenen Elementen. Aber in der Regel klappt es dann doch, und wenn ich da nur an die Kollegen Roland Casper oder Robert Babizc denke, bin ich da sicherlich auch nicht der Einzige, der mit dieser Aufgabenstellung klarkommen muss. Das Produzieren habe ich sowieso erst vor Kurzem, und ehrlicherweise mit der Hilfe von befreundeten Kollegen wieder aufgenommen, und muss für mich noch sehr genau taxieren wie viel zeitlichen Umfang dies in Zukunft überhaupt einnehmen soll.


Techno.de: Wie lange willst du noch auflegen? Von welchem Umstand hängt deine "Liebe" zum Auflegen ab, und von welchem nicht?

Claus Bachor: Darüber habe ich trotz mittlerweile 29 DJ-Dienstjahren noch gar nicht richtig nachgedacht. Ich denke, solange auf der einen Seite die Lust beim Auflegen selbst und die Resonanz des Publikums auf der anderen Seite in der bisherigen Form nicht nachlassen, und der Körper das auch weiterhin so wie bisher mitmacht, soweit eben möglich. Ebenso die Erfüllung eines Anspruchs, den ich immer schon an mich selbst gestellt habe, nämlich mein Publikum mit neuem, unbekanntem oder zeitlos gutem Vinyl zu binden, wo der Dienstleistungs-DJ aus seinem ihm natürlichen Selbstverständnis heraus in der Regel nur das Hit-Repertoire bemüht. Meine Frau sagt jedenfalls immer, „Du bist verrückt genug, auch noch mit 60 aufzulegen.“ Ich will das in der gegenwärtigen Verfassung nicht ganz ausschließen.“ So´ne Art Techno-Alterspräsident möchte ich allerdings auch nicht unbedingt abgeben müssen.

Natürlich lässt sich die Liebe zum Auflegen darüber hinaus auch noch erheblich erweitert formulieren, und eigentlich fängt dies ursächlich einfach schon beim neuen Vinyl, dass man Woche für Woche in die Hände gespielt bekommt an. Seit ich irgendwie zurückdenken kann, verfolgt mich z.b. auch so ein bestimmter Geruch von Vinyl und seiner Verpackung, speziell seit ich 1972 meine erste US LP „Revolution Of A Mind“ von James Brown gekauft habe und den US-Importe generell seit über drei Jahrzehnten für mich an sich haben. Den ich einfach nicht missen möchte. Das sich Vertiefen in einen Track, sowie beim ersten Durchhören Qualität oder Untauglichkeit für das eigene Set zu bewerten, sind für mich ebenfalls nicht wegzudenkende Ritualpunkte geworden, die daneben auch zu meinem Alltag gehören. Außerdem noch viele weitere, persönliche Kleinigkeiten, die ich hier nicht alle benennen will, wie das Betrachten einer Platte und die spontanen Eindrücke die ihr Artwork bei mir hinterlässt, sowie die für mich dann entstehenden historischen Querverweise in der Vinylgeschichte, die mir hierzu immer wieder einfallen.


Techno.de: Du organisierst unter Psychothrill schon seit 1991 Parties. Welche Hauptunterschiede gibt es verglichen mit 2006 beim Organisieren und Durchführen?

Claus Bachor: Im Ablauf und im Reiz – der ist immer noch der gleiche bzw. für mich fesselnde -, der dabei für mich entsteht, so gut wie keine. Auch wenn in der Organisation natürlich eine gewisse Ruhe und Routine hinzu gekommen sind, die ich so am Anfang 1991 nicht besaß. Auch ist unser Publikum von seiner Grundtendenz weiterhin ein Fach interessiertes geblieben, dass in weiten Teilen sehr wohl der Botschaft wegen kommt, die Psycho Thrill vermitteln will. Nämlich der von Techno, der nach allen wesentlichen Richtungen hin offen ist und sich auch hinsichtlich seiner Programmatik bewusst nicht als Elite sondern nur als vermittelndes Element mit Upfront Attitüde wie auch mit bewusstem Blick auf Zeitloses, Bewährtes versteht. Ein persönliches Moment ist allerdings im Laufe der Jahre immer mehr hinzugekommen, nämlich das der besonderen Dankbarkeit gegenüber einem Teil des Publikums, das seit mittlerweile fast 15 Jahren immer noch und immer wieder den Weg zu Psycho Thrill findet. Ich glaube, über so etwas kann man sich gar nicht genug freuen.


Techno.de: Deejay-Schulen, Produzentenworkshops, Komponiersoftware: das Angebot für den Interessierten Deejay nimmt stetig zu. Was hälst du von diesen Angeboten?

Claus Bachor: Aus den oben schon angesprochenen eigenen Erfahrungen mit der Industrie heraus, Technikausrüster ebenfalls einmal mit eingeschlossen, zugegebenermaßen sehr kritisch. Es gibt natürlich ganz ohne Frage immer wieder nützliche wie interessante Neuerungen. Doch auch diese Branche neigt tendenziell dazu ihre Marktplätze mit Angeboten zu überschwemmen, die das Geld nicht unbedingt immer wert sind, dass man dafür dann ausgeben soll. Ich erinnere mich mit einem gewissen Unbehagen an diverse erhellende Unterhaltungen mit Dr. Walker zu dem speziellen Themenkomplex des „ProdukteTesten“ und aus der eigenen direkten Erfahrung an einen Anbieter, der die Printmedien gern nach dem Streuprinzip großzügig mit Anzeigen füttert, und dafür erwartet, dass man seine Ware, die er aus dem außereuropäischen Raum importiert, und die definitiv nur Mittel- bis Unterklasseanforderungen gerecht wird, dennoch als Hi-End-Ware bewertet.

Deejay-Schulen und Produzentenworkshops ersetzen daneben im übrigen auch nicht das natürliche Talent, dass einem selbst schon in die Wiege gelegt worden sein sollte, bzw. auch das richtige Gespür für eine Materie, die wahrscheinlich mehr Sensibilität im Umgang mit ihr selbst erfordert, als dies ein Außenstehender normalerweise vielleicht vermuten würde. In einer abschliessenden Bewertung müsste ich mich also erneut nur wiederholen ...


Techno.de: Gibt es noch die einheitliche "Techno und House-Szene"? Oder ist nicht vieles schon so zersplittet und aufgeweicht und treibt immer weiter auseinander?

Claus Bachor: Dazu nur prinzipiell ein verhältnismäßig kurzes Statement: Ich persönlich habe immer der in Detroit oder Chicago propagierten Auffassung von „Music is Music is Music is ...“ sehr nahegestanden und tue dies auch heute noch, die Techno einfach nur als die härteste Komponente von House betrachtet sowie in ihrer Zielgerichtetheit Zukunfts orientiert begreift und ansonsten eher eine spannende Überschneidung mit ihren Nachbardisziplinen sucht und dies ohne zusätzliche, erfinderische Wortfindung tut, dafür aber umso Floor effizienter für ein Publikum. Was soll man da also noch großartig mehr Position beziehen. Hinsichtlich bestimmter „Verhaltensauffälligkeiten“ in Richtung Besitzstandpflege, Meinungsgleichschaltung und gesteuertem Personenkult ist die Einheitlichkeit am deutschen Standort fachübergreifend sicherlich größer als viele annehmen wollen. Der Rest aber ist aus meiner Sicht vielfach nur eine überflüssige, die Genre unnötig zerstückelnde Unpässlichkeit für Leute ohne eigenes Gespür und Meinung sowie eine vorgezogene Verdauungsvorwegnahme durch die Industrie und beteiligte Vertriebe, die auf „Teufel komm raus“ mehr oder minder aggressiv verkaufen wollen, und das dargebotene Produkt schon wieder in der „Endausscheidung“ sehen möchten, bevor es überhaupt so mundgerecht serviert wurde.


Techno.de: Ein Wort zu c/o pop: Warum nimmst du seit 2005 nicht mehr daran teil?

Claus Bachor: Hier zweierlei Gründe: Ich habe einen Großteil meine Kindheit in Bayern verbracht, und schätze auch heute noch die größten Teils dort im menschlichen Miteinander gepflegte Direktheit ohne überflüssige Schnörkel und ohne Ansehen der Person. Ein Begriff, der mir durchaus noch aus dieser Zeit mit einem gewissen inhaltlichen Nachhall präsent geblieben ist, ist der der „Hinterfotzigkeit“. Im Umgang mit dem c/o pop Management in 2004 hat dieser für mich ebenfalls eine durchaus signifikante Nachwirkung. So wie dort eingangs der Veranstaltung bei den verschiedensten Anlaufstellen im Kölner Clublife um Mitarbeit an diesem POP.KOMM Nachfolger gebuhlt wurde, und wie dann hinsichtlicht zugesagter Web-Site Präsentation und Berücksichtigung z.B. der eigenen Psycho Thrill Veranstaltung mit beteiligten Detroiter UR Kollegen im c/o pop Programmheft versagt bzw. im Eigeninteresse und folgerichtigem Konkurrenz-Ausschluss wohl bewusst und vorsätzlich unterlassen wurde, das grenzt wie eingangs schon angedeutet an einen Fall von schwerer „Hinterfotzigkeit“ oder einem weiteren unangenehmen Kapitel von Kölner Klüngel oder Versuchs weiser Monopolausnutzung, und richtet sich in dieser von mir ausgesprochenen Form gezielt als Kritik an meinen damaligen c/o pop Ansprechpartner. Wenn man das, was man einfordert, eigentlich gar nicht will, soll man es eben lieber gleich ehrlich sagen, und nicht hinten rum versuchen, einen in Leere laufen zu lassen und für dumm zu verkaufen.

Darüber hinaus erscheint mir das gesamte Konzept der c/o pop als gleichwertigem, international ausgerichtetem POPKOMM Nachfolger sowohl in 2004 wie auch 2005, derzeit mehr als fragwürdig , wenn dies – man muss sich nur mal sehr genau anschauen, wie sehr sich hier u.a. Festival-Management und KOMPAKT-Vertrieb über bestimmte Personen wirklich nahe stehen – am Ende nur ein „KOMPAKT feiert sich selbst“ statt „eines Blicks über den eigenen Tellerrand“ heraus kommt. Wenn Freunde und Freundesfreunde Beifall klatschend ein wirklich repräsentatives, internationales und den verschiedenen Strömungen elektronischer Musik wirklich gerecht werdendes Line-Up eher verhindern und ersetzen dürfen und der Rest des Programms mehr der eigenen Selbstinszenierung denn einem wirklich ernsthaft vertretenen Anspruch nach allen Seiten gerecht wird. Wenn es denn so sein soll, wie es denn dann war, habe ich im Prinzip auch nichts dagegen. Aber dann bitte z.b. unter dem ehrlicheren Motto „Kompakt lädt ein ... !“ oder „Kompakt und seine Freunde“. Das böte doch genug an Programmatik, oder? Als Nachtrag im Resultat für 2005 eben auch den eigenen Rückzug. Dadurch ist beiden beteiligten Seiten wohl auch ein weiteres Missbehagen erspart geblieben.

Claus Bachor: Techno.de: Was ist wichtiger - wenn es so etwas hier gibt - für dich: die über 40.000 Vinyls in deinem Bestand oder die 28jährige Erfahrung beim Auflegen?

Beides zusammen genommen. Ich kann und will da auch gar nicht trennen. Beides bildet einfach eine extrem wichtige Arbeitsplattform und Einheit. Das Vinyl erhöht die Tiefe bei die Set-Zusammenstellung, die Erfahrung die Routine wie auch die Spiellaune im Umgang mit dem Vinyl. Letztendlich ist beides wahrscheinlich schon längst zu einem vielleicht Seelen-haften Bestandteil meiner selbst geworden. Auf beides möchte ich nicht verzichten. Und deswegen haben es auch Final Scratch Aktivisten bei mir so schwer, bzw. würden auch nicht für Psycho Thrill gebucht.


QUELLE: techno.de

Danke an den MINDESTENS (fürs drauf aufmerksam machen)!

DAS ist ein Interview, wie ich es mir vorstelle... (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/wub.gif)
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oO°
Beitrag 2 Mar 2006, 13:29
Beitrag #2


Hardcoreposter
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das ist auch ein wahnsinnstyp, der claus!
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J.K.
Beitrag 2 Mar 2006, 16:43
Beitrag #3


auch mindestens genannt
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Man beachte die Absätze mit dem "Menschenfreund und Herrn Feiermeyer" nur mehr geil!!!
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Chriskeepsdiggin...
Beitrag 2 Mar 2006, 17:19
Beitrag #4


It is what it is!
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Ja der Claus....... (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/wink.gif) ist schon einer......

Einer der wenigen Kämpfer für die Sache in unserer Branche, wobei er dafür von vielen belächelt wird und genügend Abstürze erlebte. Jedoch er rappelt sich immer wieder auf, denn "Music is his life!"

Es gäbe so manche Anekdote, aber die lasse ich jetzt - stattdessen empfehle ich jedem mal seine "Psychthrill/Spyinthehouse Events" in Köln zu besuchen - es lohnt sich...... (und das sage ich nicht weil ich dort selbst schon gastierte)!!!
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g.
Beitrag 1 Sep 2006, 11:58
Beitrag #5


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ZITAT(Chrise @ 2. Mar 2006, 17:19 )
Es gäbe so manche Anekdote, aber die lasse ich jetzt - stattdessen empfehle ich jedem mal seine "Psychthrill/Spyinthehouse Events" in Köln zu besuchen - es lohnt sich...... (und das sage ich nicht weil ich dort selbst schon gastierte)!!!

man muss nicht nach kölle fahren , kölle kommt zu uns:

FILMRISS five years

habe mir erlaubt das interview aus aktuellem anlass aus der versenkung zu holen.... (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/thumbs-up.gif)

EDIT: bzw. um ein weiteres zur ergänzen:
ZITAT
ouk interview:  Claus Bachor "A b e r  w i r  k o m m e n    w i e d e r
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Idealismus ist ein Begriff, der sehr schnell in die Waagschale geworfen wird, wenn es darum geht Anfeindungen entgegenzutreten oder Lorbeeren einzuheimsen, doch nur selten entspricht dieser Bezug der Wahrheit. Ähnlich verhält es sich mit der oft bekannten Liebe zur Musik. Erst die Beständigkeit aber führt zu einer Verifikation. Beständigkeit und Charakterstärke, die in einem Festhalten an getroffenen Entscheidungen mündet, kaum einer erweist sich dieser Begriffe würdiger, als das Kölner Musikurgestein Claus Bachor. Am besten kann man ihn wohl als Mann auf des Messers Schneide beschreiben, der kein Blatt vor den Mund nimmt und gerade deshalb von vielen Seitenn einen ungeheuren Respekt erfährt.Trotz eines abgeschlossenem Geschichte-und Geographie-Studiums entschied er sich gegen den bürgerlichen Weg, was ihn zu einer der Kapazitäten und zu einer der grauen Eminenzen der neueren Musikgeschichte machte. Andererseits ist er mit Ausnahme seines Vaters, der es früher nicht wahrhaben wollte, in seiner Familie bis heute hierfür nicht akzeptiert. Der Zufall-in Gestalt einer TBC-Lungenerkrankung und eines anschließenden klimabedingten Aufenthalts in Nürnberg 1972-sollte den Weg Bachors entscheidend prägen. Seine mit schwarzen GI´s in Kontakt stehenden Cousins brachten aus den Clubs dem 13-jährigen immer wieder Platten von George Clinton, Fatback, der Jaydeefamily oder den Barclays mit, der hiervon begeistert war und fortan begann, sich selbst die Platten als Importe im Laden zu erschließen. Statt in Sportklamotten oder Bücher wurde von nun an nur noch in Vinyl-vornehmlich aus dem Black Music Bereich-investiert, wodurch sich ein Backkatalog von über 30000 Platten ansammelte, der heute auch als Gedächtnisstütze dient.

Bachor: Ich sehe Techno dadurch natürlich auch in einem anderen Kontext, als jemand, der sich erst seit 1990 damit beschäftigt. Es bringt zwangsläufig eine andere Sichtweise mit sich. Das soll jetzt kein Vorwurf an die Vorgenannten sein, aber durch das Wissen wird man sofort zwischen schwarzem Techno, originär von Detroit beeinflußt-nur von Detroit zu sprechen wäre falsch-, und dem Rest unterscheiden. Du wirst auch Ravetechno und alles, was an kommerziellen Auswüchsen entstanden ist, komplett ablehnen und nie spielen, wenn Du denn schwarzen Beat einfach fühlst. Es geht um rhythmisch treibende Elemente ohne dabei stumpf und massenkompatibel zu wirken.

ouk: Franky Bones warf Jeff Mills einmal vor, im Limelight den "Dominator" gespielt zu haben. War das für Dich auch schon ein Sakrileg?

B: Nein, Ich mochte den Dominator auch. Er hat das Prinzip der sägenden schneidenden Töne im Techno quasi noch auf eine neue Spitze getrieben. Alles danach war allerdings des guten zuviel. Aber Dominator ist genauso wie Mentasm ein stilprägendes Sample geblieben. Dazu kann man auch stehen. Später wurde es dann mißbraucht, was zu Auswüchsen wie "James Brown is dead", "James Brown is still allive" ect. führte. Da habe ich schon angefangen, mich von dieser Form von Techno zu verabschieden, was für mich auch Probleme als DJ nach sich gezogen hat. Die Weigerung, so etwas zu spielen, beschränkte meine Bookings auf 1,2 Clubs in Köln. Darüber hinaus hat sich kein Aas um Claus Bachor gekümmert, war ja auch richtig so.

ouk: Hat Dich Trance je interessiert?

B: Trance ist, als ob Du eine schöne krosse Waffel nimmst und in einen Topf mit übelsüßem Zeugs tauchst und das Ding saugt sich voll und wird so richtig süffig. Du kannst es auswringen und es wabert so aus und im Grunde genommen ist das Element, um das es eigentlich geht nicht mehr richtig wahrzunehmen. Trance ist eine üble grüne Masse, die immer mehr auswuchert und von den Leuten, die nicht schnell genug wegkommen Besitz ergreift. Ich konnte entkommen...Aber Trance ist nicht gleich Trance. Es gibt durchaus frühe House&Technotracks, die einfach nur hypnotisch waren. Die NuGroove-Maxi "Falling into a trance ist die komplette Versinnbildlichung dieses Begriffs auf musikalische Art und Weise, wie man es besser gar nicht mehr machen kann.

ouk: Betrachtet man den status quo der gesamten Musik, fehlen die Innovationen, etwas wirklich Neues ist nicht auszumachen, vielmehr werden zwar immer noch qualitativ hochwertige aber meist nur aus Gegebenem zusammengefügte Releases auf den Markt geworfen.

B: Richtig. Dies schlägt sich auch in Neo-Disco nieder, was ja nichts anderes ist, als die Zusammenführung von House mit Discosamples, aber teilweise gar nicht schlecht ist. Es macht Spaß sie zu hören, zu spielen und auch mit den Originalen verbinden zu können. Letztenendes gibt es tatsächlich wenig innovative Sounds, aber es gibt sie, wie beispielsweise von DJ Kareem , der richtungsweisende, stiltechnisch sehr reduzierte tracks fährt, die aber trotzdem nach vorne gehen und einem neue Hör-und Klangwelten eröffnen. Hingegen die bewußte Reduktion der Reduktion der Reduktion und der nochmaligen Reduktion, die als selbstauferlegte Disziplin z.B. bei Studio 1 sehr stark nachzuvollziehen ist, die im Grunde genommen nichts anderes ist,als Basic Channel der frühen Zeit in die heutige Zeit übertragen, ist auch langweilig und nichts Neues. Das neue Ding wird aber irgendwann schlagartig geschehen. Jeff Mills beispielsweise ist fähig wieder Tore zu öffnen, auch wenn er gerade auf dem bestehenden status quo verharrt, was aber auch vom equipment abhängig ist und das wird er wieder austauschen. Man muß sich einfach die Besten tracks herausgreifen. Einen solchen Zustand erreicht aber jede Musikrichtung. Viel schlimmer ist, das guter Techno nicht die Bedeutung hat, die er haben sollte. Stattdessen wird sehr viel anderer Müll über das zweite Houserevival, in diesem Zusammenhang auch Dancefloor, auf die Tanzfläche gespült, daß man schlichtweg nur noch kotzen kann. Das ist aber ein normaler Prozeß. Techno wurde jahrelang künstlich immer mehr nach oben gepuscht Hierfür war Frontpage das entscheidende Element-deutscher Größenwahn gepaart mit riesigem Output an VÖ. Das so viel die Nase vollhaben liegt auch an der riesigen Presseblase, die sich drumherum gebildet hat. Aber so erging es ja allen musikalischen Konstrukten, erst gehyped, dann breitgetreten und schließlich im Keller, was durch den Frontpage-Abgang noch eine pikante Note erfahren hat. Es hätte alles wieder ein bißchen in Richtung Techno umgeleitet werden können , wenn FP am Leben geblieben wäre. Das ist eben die Geschichte. Jetzt geht es zurück auf den Boden, worüber man aber gar nicht so unglücklich sein sollte. Nun ist Platz für eine Neuorientierung. Techno muß sich jetzt aus dem Untergrund neu entwickeln, die Truppen sammeln sich an einer dunklen Ecke und irgendwann geht es wieder nach vorne und ich wäre froh, wen ich da auch wieder dabei bin.. Das ist harte Arbeit und die Spreu wird sich vom Weizen scheiden, in der Form, wer hat den Durchhaltewillen, die Energie, für seine Musik noch einzutreten, wer beläßt es bei Lippenbekenntnissen und tritt den Rückzug oder den Schritt hin zum kommerziellen Dancefloor, Eurohouse an.

ouk: Proogreesivve attack...

B: Da kann ich nur furzen. Entweder es setzt meine Verdauungsvorgänge in Gang oder mich überfällt der natürliche Fluchtinstinkt.

ouk: Was hältst Du von den vielen Möchtegerns, die stolz der staunenden Menge von ihren 50 Platten und ihrem DJ-Dasein berichten und als Hintergedanken doch nur Geld und Frauen haben?


B: DJ´s mißt man nicht an der Zahl ihrer Platten, entscheidend ist die Liebe zur Musik. Diejenigen, die diese nicht mitbringen, werden auch nicht lange dabeibleiben. Bsp. DJ Perplexer. Wo hört man heute noch etwas von diesem Kerl. Er hat doch nur das jumping-on-the-band-wagon-Prinzip aufgegriffen und ist daran verdientermaßen auch wieder gescheitert.

ouk: Liebe zur Musik ist Deine Haupttriebfeder, beispielsweise konntest Du drei Tage nicht schlafen, weil Dir jemand eine Cheapplatte gestohlen hat...

B: Gute tracks mit Geschichte können mich vor Glück und Freude zum Weinen bringen und tiefe Empfindungen hervorrufen. Andere halten mich für bekloppt, aber sollen sie ruhig, ich habe meinen Spaß dabei und das ist wichtig. Es gibt viele, die genauso denken. Daryll Winn hat geweint, als ich ihm eine alte Platte vorspielte, die er nicht hatte. Arm in Arm standen wir da und es war einfach schön. Das sind Momente, die gibt einem sonst keiner. Es passt auch nicht in den Kontext unserer erfolgsgetrimmten Gesellschaft, für so etwas persönliche Dinge aufzugeben-man investiert ja sehr viel:Geld, Freizeit, Privatleben...-Es ist bei uns nicht wie in Großbritannien, wo Musikjournalisten den gleichen Rang wie ihre Politkollegen einnehmen und die Leute vernünftig miteinander reden. Bei uns wird das immer noch stigmatisiert. Es ist eigentlich schlimm, wie viele Leute in Deutschland honoriert werden, gemessen an dem Einsatz, den sie dafür bringen, während die Kommerznasen an ihnen vorbei noch die dicke Kohle verdienen. Es ist bitter, wenn man sich selbst 100% aufgibt und sich Tag und Nacht dafür einsetzt, etwas auf die Beine zu stellen und gerade die Nasen, die es nicht drauf haben, die nur ein Gespür für Breitenkompabilität besitzen, die dicke Kohle machen. Auf der anderen Seite muß man das akzeptieren. Wenn man sich für Innovationen einsetzt, kann man nicht die große Kohle machen.

ouk: Es fällt auf, daß Du gemessen an deiner Stellung eigentlich nicht den Bekanntheitsgrad erreichst, wie ein Väth oder Mills. Warum ist das so?

B: Ich habe so viel zu tun, daß ich es oft aus den Augen verliere, mich um Bookings und dergleichen zu kümmern. Ein Aspekt ist sicher auch die Stigmatisierung durch Frontpage..

ouk: Wie kam es dazu?

B: Als Leiter des Cut-Magazins war ich verantwortlich für einen selbstgeschriebenen kritischen Artikel und eine Quellensammlung bezüglich Westbam bzw. Marusha, die ich vor 3 Jahren bewußt in der zur Popkomm erscheinenden Nummer plazierte. Es gab daraufhin viel Diskussionsstoff, Motor (damaliger Major von Low Spirit) hat uns die Anzeigen entzogen, man forderte meinen Kopf und es gab ein offizielles Popkomm-pannel, bei dem ich mich mit Jürgen Laarmann und William Röttger im Interview anlegte. Fairerweise muß ich dazu sagen, daß dies auch der-erfolgreiche-Versuch war, Cut bekannter zu machen. Ich habe mich nicht prostitiuiert, aber das zu Vertretende popularisiert und die Auseinandersetzung mit J.L. und Röttger gesucht. Ich wußte, was auf mich zukam und habe auch verdient, was hinterher mit mir angestellt wurde und über mich ergehen lassen, aber auch viel Zuspruch erhalten.

Um auf die vorhergehende Frage zurückzukommen, durch die intensive Beschäftigung fahre ich einen ganz besonderen Stil, der absolut nonkommerziell ist. Davon weiß man und das verschließt Tore. Damit muß ich leben. Trotzdem zeige ich mir immer wieder selber, daß ich ein breites Publikum erreichen kann. Auf der anderen Seite bin ich in einem Alter, wo ich mir nicht mehr beweisen muß, daß ich als DJ ankomme und muß nicht jedes Wochenende auflegen (was trotzdem der Fall ist). Ich habe aber trotz allem eine Menge gesehen und nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben. Eine Genugtuung ist, daß ich ´97 wieder auf der Loveparade auflegen werde, wie 1990 als ich mit Roland Casper, Jonzon und Motte im Anschluß an die Parade (300 Leute und alle glotzten blöd) im Ufo aufgelegt habe: Vor uns standen Dick und Westbam und staunten , was für Sounds wir aufgelegt haben und das ist ein verdammt gutes Gefühl. Diese Nasen, die im Grunde unverdient eine Menge Credits eingeheimst haben, haben zugeschaut. Sollen sie ruhig in Anspruch nehmen, was ihnen von vielen Seiten zugeschrieben wird, aber ich weiß, was wirklich los war.

ouk: Denkt man an die"Monkey say, monkey do" oder "Alarm clock"-Zeit oder noch früher zurück, kann man Westbam aber doch nicht nur Schlechtes attestieren, oder?

B: Man muß ihm zugute halten, daß er von Münster aus konsequent seinen Weg gegangen ist und Recordmixart in Deutschland populär gemacht hat. Das ist sein eigener Verdienst. Vieles, auch seine quasiphilosophischen Traktate, war aber einfach überflüssig und hat der Sache bis hin zur Raving Society eher geschadet.

ouk: Du bist Herausgeber von D!zko 2000, hast aber auch schon bei etlichen anderen Magazinen mitgewirkt, wie z.B. Raveline, Beam me up oder der von uns hochgeschätzten House attack...

B: House attack war die Idee von Jörg Burger (Bionaut, Burger Industries) und mir. Wir haben uns dann wegen unterschiedlicher Ansichten in Bezug auf Anzeigenpolitik und Inhalt getrennt. Nun erscheint es als Ergebnis dieser Trennung als Quartheft, daß Techno und die Delirium-Warenkette featured. Die House attack ist sehr gut, aber man erreicht zuwenig damit. Erreicht wird ein bestimmtes Publikum, ein hohes Maß an Reputation in bestimmten Teilen von Technoworld, aber über ein bestimmtes Segment hinaus keine erzieherische Wirkung. Das ist schade, denn man beschneidet und beschränkt sich selber, obwohl man mehr Einfluß verdient gehabt hätte. Daher befasst sich D!zko 2000 mit dem globalen Dancebegriff, aber mit der Prämisse meine Sicht von House&Techno weiterzuverkaufen. Es wird z.B. keine Platte, die am Anspruch vorbeigeht, gut rezensiert, d.h. schlechte Platten werden auch als solche rezensiert. Die Ausrichtung an den Gepflogenheiten des Marktes kann man heute auch reinen Gewissens tun, denn wir haben nicht mehr eine Techno-Dance-Gesellschaft sondern eine Dancekultur, also den Zusammenfluß der verschiedensten Elemente von Soul, Funk über Ragga, Trip Hop, Drum´n´bass, Abstract Dance bis hin zu House&Techno und gerade diese Interdependenz führt zu einer viel größeren Spielvielfalt und zu einer Variabilität, die für viele interessant ist und Leute zusammenführen kann, was Techno-Techno war für mich auch immer nur ein Bestandteil von Dancemusic-und Dance auch wieder nach vorne bringen wird. Wenn wir jammern, daß es Techno so schlecht geht und die Musik zu wenig innovativ ist, dann liegt in dieser Situation vielleicht auch unsere Chance, weil auch ganz neue Leute wieder den Mut haben, sich mit Dance auseinanderzusetzen. Was ist denn House gewesen? Eine Fortentwicklung von Electro und Disco zu einer Zeit als man auch von Stagnation sprach. Als in der House- und Hip Hop-Zeit von Stagnation gesprochen wurde, war auf einmal Techno da. Heute sind gerade die vielen Themen, die wir haben die eigentliche Neuerung, die alles wieder spannend macht, was nicht heißt, daß man seinen eigenen Vorlieben-in meinem Fall also Original House und eben Techno-aus den Augen verliert, ganz im Gegenteil. Mit 37 Jahren bleibt mir nur noch übrig, auch in Zukunft dabeizubleiben. Das ist mein Leben und es macht Spaß, auch wenn man viel reinstecken muß.

ouk: Gibt es einen "Bachorzirkel" in Köln?

B: Ich bin immer bemüht nach allen Seiten hin offen zu sein und verenge daher nicht alles auf einen kleinen Zirkel. Man kann sagen, daß es rechts natürlich einige Konstanten gibt, aber links ein Wandel stattfindet. Das ist auch wichtig für eine ausgewogene Arbeit, um neue Trends gleich absorbieren und darauf reagieren zu können. Der Zwang auf neue Dinge reagieren zu müssen hält einen auch jung und am Leben.

ouk: Auffallend an unserer lustigen kleinen Technowelt ist die Bodenständigkeit und Normalität fernab jeglicher Strallüren bei den wahren Helden dieser Szene, egal ob das nun Claude Young, Hell oder eben Claus Bachor ist. Warum ist das so?

B: Techno wird ja der Verdienst bescheinigt, über gesellschaftliche Grenzen hinweg die Ohren der Menschen für einen Sound zu öffnen, der immer wieder vorhandene Strukturen hinterfragt und gebrochen hat. Entscheidendes Element für die soziale Fähigkeit der Menschen untereinander agieren zu können ist, den Standesdünkel hinter sich zu lassen, unvoreingenommen auf andere zuzugehen und zu versuchen, mit ihnen zu sprechen, was nicht immer gelingt. Es hängt letztenendes von einem selbst ab. Bei mir ist es sicher ein Ergebnis meines Lebensweges, der mir den Blick geweitet hat. Das gemeinsame Interesse, nämlich die Liebe zur Musik, ist auch ausschlagebend dafür, daß man heute auf Leute zugeht, die man früher auch mit der Kneifzange nicht angelangt hätte. Mir ist auch ein drogenverstrahlter Clubber bedeutend lieber, als ein arroganter Politiker, der vor einer Besuchergruppe steht und einen Scheiß vom Himmel herunterlügt, nur damit sie bei der nächsten Bundestagswahl ihre Stimmen an ihn vergeuden. Denn der Verstrahlte ist in seinem ganzen Sozialgehabe wahrscheinlich ehrlicher und korrekter, als irgendso ein dummes Arschloch, das in Bonn die Leute verscheißt.

 

ouk: Was fällt Dir zu folgenden Stichworten ein?

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Außerirdische
Ich glaube an meinen Schutzengel, der mich schon oft aus Situationen errettet hat, bei denen ich auf die Nase hätte fallen müssen.

Deutsche Mitbegründer der Szene
Motte, Jonzon, Rok, Hell, Roland Casper, Electric Indigo, Ingmar Koch (Walker), auch wenn uns teilweise Welten trennen, dann Mike Ink, J.Burger und so widersprüchlich das klingen mag auch Triple R.

Sport
Badminton, Kraftsport, Technotanzen.

Chikago
Roots.

Hale-Bopp
Schöne Party in Luxemburg, schöne Rückfahrt mit meiner Freundin und ein Phänomen, welches den Blick auf die Träume lenkt.

TV&Radio
Notwendige Begleiterscheinung unserer Zivilisationsform. Ich lese lieber.

Derrick May
character.

Helmut Kohl
für seine Zeit das, was Willy Brandt damals als Karikatur mit seinem Kopf im Schnapsglas war.

Lieblingsschriftsteller
Erik Ambler.

1.Platte (geschenkt/selbstgekauft)
Simon&Garfunkel:Bridge overtravelled water/Barclays:To hard to stop 1972.

Karrottensaft
Vitaminhaltiges Produkt, gut für die Sehfähigkeit und die Regenerationsfähigkeit der Ohren.

Submerge
Heimat, obwohl man nie dagewesen ist. Detroit ist für mich, was für andere Mecca ist und ich hoffe bald hinzukommen.

Die Inselfrage
Freundin, Plattensammlung und Soundsystem, nein, ich bin prakisch veranlagt, also vor allem ein Überlebensset.

Nochmal Frontpage
Ich habe mit Cut selber erlebt von einem zum anderen Tag ohne Arbeit zu sein. Ich weiß also, wie es ist und kann nicht über die Leute von FP hämisch lachen, auch wenn ich mir jahrelang gewünscht habe, daß dieses Blatt an den Arsch geht. Lachen kann ich nicht. Es ist bitter. FP hat auch seine Verdienste, auch wenn J.L in seinem Größenwahn die Dinge auf die Spitze getrieben hat. Es ist einfach schädlich, wenn eine Bewegung so ausgetreten wird. Unabhängig von persönlichen Animositäten zu Bleed und Riley kann man sagen, daß diese Inhalte etablieren konnten, die ungewöhnlich waren. Obwohl ich sie privat am liebsten in die Tonne treten würde, sind sie fachlich versiert, wie auch z.B. ein Thorsten "Stöpsel" Schmid (Groove) oder ein Dirk Waldmann (Raveline).

Konkurrenz
DJ´s können noch so gute Freunde sein, Konkurrenz herrscht immer. Das Segment, gerade in der aktuellen Situation, in der wir arbeiten, war nie sehr groß und ist wieder sehr klein geworden und die Möglichkeit Jobs zu besetzen, wenn man wirklich das, was man als DJ verkaufen möchte auch ausspielen kann, ist sehr gering. Jeder stichelt gegen den anderen und kaum einer versucht durch Qualität zu überzeugen, was auch sehr schwer ist. Was mich aber am meisten anpisst, ist, daß man eine tolle Party gemacht hat, die Leute geschrien und gefeiert haben und am nächsten Tag keiner mehr Notiz davon nimmt. Im Gegenteil, es wird noch schlecht über Dich geredet, weil irgendein Kollege mitbekommen hat, daß Du besser warst als er und Angst hat, daß Du vielleicht nächste Woche seinen Platz besetzt. Wenige honorieren die Arbeit der anderen. Das ist ein Phänomen der deutschen DJ-Kultur und Neidgesellschaft. Es wäre viel mehr zu erreichen, wenn alle zusammenarbeiten würden. Das ist das Element, womit man diese scheiß Bewegung wieder stark machen könnte, wenn alle, denen ewtas an der Musik liegt, sich regional zusammentun und auf diese Weise wieder Leute für Partys mobilisieren.



sehr gutes interview mit einigen aussagen die auch noch heute gültigkeit besitzen... dabei ist das interview von ca. 1996!!

(IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/happy.gif)

Der Beitrag wurde von gitz bearbeitet: 1 Sep 2006, 12:12
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- Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 18. May 2024 - 11:41


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