technoboardLogo

Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

> Sven Fad *g* an den Plattenspielern, ....auch Djs haben ein Ablaufdatum
g.
Beitrag 1 Sep 2003, 15:03
Beitrag #1


.
********

Gruppe: Members
Beiträge: 3.436
Mitglied seit: 25-November 02
Wohnort: 1378.62 km away from camp nou
Mitglieds-Nr.: 526



ZITAT
Die Clubkulturindustrie

Sven Fad am Plattenteller

Die Dance-Kultur siecht im Banne einer DJ-Gerontokratie dahin. Aber die lauten alten Herren haben versprochen, niemals aufzuhören. Da ist sie also, die schrecklichste aller Drohungen. DIRK PEITZ   


Die Welt, sie geht mal wieder nur mit einem Wimmern zu Ende, nicht mit einem Knall. In Großbritannien stirbt die Clubkultur, und es ist ein langes Siechen. Die Liverpooler Großdisco Cream musste schließen, der Vergnügungstempel Gatecrasher in Sheffield versucht mit einem Totalumbau das verloren gegangene Publikum zurückzuholen und der Londoner Club-Multi Ministry of Sound hat sein Musikmagazin eingestellt, weil die Auflage unter 50000 gefallen war. „Dance Music“, schreibt der Guardian, „das Genre, das die Kleidungs-, Trink-, Drogen- und sozialen Gewohnheiten der Menschen jenseits aller Vorstellungskraft revolutioniert hat, kämpft ums Überleben.“ Dabei schien es, als hätten die Briten die Clubkultur neuerfunden, mit einer perfekten Geschäftsidee – der Ausdehnung ihrer Verwertungskette auf jeden nur denkbaren Geschäftsbereich.

» Die Party stirbt oder wird wie die „Love Parade“ zum jährlich schlechter besuchten Karnevalsritual, für das die Bauarbeiterwesten ein letztes Mal, als Verkleidung vom Speicher geholt werden. «

Ministry of Sound etwa betreibt neben seiner Ursprungs-Disco in London ein Plattenlabel, vermarktet sich selbst als Party-Konzept, verkauft sein eigenes Merchandising und hatte eben auch eine Zeitschrift, mit der das Image des Clubs weiterverbreitet wurde. Und nun – wollen die Leute nichts mehr davon hören. Wer aber ist schuld an der Misere? Die hohen Eintrittspreise der Superclubs, das Fehlen eines neuen Trends in der Dance Music, die Rückkehr des Rock – oder vielleicht am Ende die DJs, die doch die ganze Unterhaltungsmaschine erst zum Tanzen bringen?


Auffällig jedenfalls ist: In England, in Deutschland, ja in ganz Europa wird der Dancefloor von einer kleinen Gruppe DJs beherrscht, deren Zusammensetzung sich seit Jahren nicht verändert und deren Mitglieder allesamt nicht mehr so irre jung sind. Ein überschaubarer Haufen Enddreißiger und Fortysomethings hat die Claims der Großclubs und Raves unter sich aufgeteilt – in Großbritannien die beiden just vierzig Jahre alt gewordenen Paul Oakenfold und Norman Cook (Fatboy Slim), in Deutschland Sven Väth, 38, und Maximilian Lenz alias Westbam, 38. Der noch immer coolste deutsche DJ – Helmut Josef Geier alias Hell – ist Jahrgang 1962; der Jüngste in der Riege ist der 31-jährige Paul van Dyk, und der hat auch bald anderthalb Jahrzehnte Kanzeldienst hinter sich, fast soviel wie die Vorgenannten.



» Dass die Massen dereinst zum sechzigsten Geburtstags-Rave von Westbam strömen werden, ist eigentlich unvorstellbar. «

Sie alle sind Prototypen eines komplexen DJ-Startypus, der sich nicht allein aus der Haupttätigkeit als Plattenaufleger herleitet – sie sind als Produzenten herkömmliche Popmusiker und mit Ausnahme von van Dyk als Betreiber ihrer eigenen Plattenfirmen nebenbei noch Unternehmer. Marktbeherrschende Macht aber besitzen insbesondere Lenz und Väth dadurch, dass sie mit ihren Booking-Agenturen prominente Kollegen vertreten, weshalb kaum ein Rave in Europa an ihrer DJ-Kartei vorbeikommt. Zudem sind die beiden Multifunktionäre in Sachen Dance Music noch ihre eigenen Party-Veranstalter, die sich selbst in Hauptrollen besetzen: Väth bespielt mit seinem Anhang unter anderem im Sommer jede Woche die ibizenkische Touristendisco Amnesia, Lenz ist Mitorganisator des letzten großen deutschen Indoor-Raves, des alljährlichen „Mayday“ in der Dortmund Westfalenhalle.


So haben die DJs, ähnlich wie die britischen Superclubs, die eigene Marke mehrfach verwertet. Und ähnlich wie bei zeitlosen Markenprodukten blieb ihnen die Publikumsgunst über Jahre sicher – eine Tatsache, um die sie viele Popmusiker beneiden dürften. Die DJ-Tätigkeit ist ein erlernbares Handwerk, dessen Meisterschaft im kunstvollen Collagieren vorgefundenen Materials besteht. Den typischen Berufsrisiken von Popstars sind die DJs nicht ausgesetzt – sie können jede Mode mitmachen ohne, wie die Musiker im Fall ihres Scheiterns, als Erfinder oder Performer von uncooler Musik zur Verantwortung gezogen zu werden. Trotzdem gerät der zeitgenössische DJ-Startypus mit dem Altern seiner Protagonisten in eine Situation, wie sie für den Pop typisch ist – irgendwann sind die Leute die ewig gleichen Gesichter satt, es bedarf des Generationenwechsels. Doch der wird von den etablierten Kräften beharrlich verweigert. „We’ll never stop living this way“, nannte Westbam eines seiner Alben. Nun könnte dieses „Wir“ in einem Ein-Generationen-Projekt der Vierzigjährigen aufgehen.


Denn die Clubkultur hat ein spezifisches Problem: Weil sie sich an ein prinzipiell junges, im Gegensatz etwa zum klassischen Rock nicht mitalterndes, sondern sich konstant austauschendes Publikum zwischen 15 und 30 wendet, wird der Altersabstand zwischen den DJs oben an den Plattenspielern und den Tänzern unten immer größer. Außerdem gibt es da dieses visuelle Image-Problem – so sexy wie die jungen Mitglieder der neuen Rock-Revival-Bands The Strokes oder White Stripes werden Väth und Lenz im Leben nicht mehr. Dass die Massen dereinst zum sechzigsten Geburtstags-Rave von Westbam strömen werden, wie sie dies heute zu einem Konzert der Rolling Stones tun, ist eigentlich unvorstellbar, weil House und Techno als Genres bislang definitorisch auf Jung programmiert waren. Aber es gibt sie jetzt eben auch in der Dance-Kultur, die boring old farts, die langweiligen alten Säcke, die bisher eine Spezialität des Rock waren. Ein Modell fürs würdevolle Altern bei 160 Beats pro Minute jedenfalls ist bislang nicht existent – und rein körperlich auf die Dauer ein motorisches Problem, auch wenn Sven Väth mit Ayurveda-Kuren in Indien und Hell mit Alkohol- und Nikotin-Abstinenz gegen die Spuren der Nachtarbeit ankämpfen.


Mit dem Altern der Akteure droht endgültig die musikalische Vergreisung der Genres House und Techno, auch das schien bislang undenkbar: Immer weiter in die Zukunft sollte es gehen, versprach die elektronische Tanzmusik, verhieß doch schon ihre computerisierte Herstellungsweise eine endlose Update-Moderne. Doch ihre musikalischen Neuigkeitswerte verbrauchten sich mit der immer kleinteiligeren Erforschung ihrer Genre-Spezifika. Ein bassgesteuerter Viervierteltakt lässt sich nicht unbegrenzt variieren, die Sound-Datenbänke der Computer sind endlich und alle denkbaren Tempo-Spielarten ausgereizt. So hat insbesondere im Techno längst die Phase der eigenen Historisierung begonnen, in der ein Revival das nächste jagt und das Neue immer schon das Alte ist, bloß auf neu geschminkt. So stirbt die Party oder wird wie die „Love Parade“ zum jährlich schlechter besuchten Karnevalsritual, für das die Bauarbeiterwesten, das bunte Haarspray und die Atemschutzmasken noch einmal, vielleicht ein letztes Mal, als Verkleidung vom Speicher geholt werden. „We’ll never stop living this way“? Das klingt mittlerweile wie eine Drohung.


BILDUNTERSCHRIFT:
Die DJ-Tätigkeit ist ein erlernbares Handwerk, dessen Meisterschaft im kunstvollen Collagieren vorgefundenen Materials besteht. Im Bild: Der Meisterbetrieb Väth.
Foto: AP


Quelle:Süddeutsche Online

obwohl der redakteur dieses berichts wie immer das ganze sehr einseitig sieht, muss ich ihm in ein paar punkten doch recht geben! zumindest was den doch recht amüsanten titel des berichts angeht, auf jeden fall... (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/biggrin.gif)
Go to the top of the page
 
+Quote Post

Beiträge in diesem Thema
gitz   Sven Fad *g* an den Plattenspielern   1 Sep 2003, 15:03
gitz   achja, das bild zum text:   1 Sep 2003, 15:13
DJ George le Nagelaux   Ich mag ein gutes Untergangsszenario...   1 Sep 2003, 15:37
Miss Dita D.K.-dance   yeah!! techno ist also tot!!! ...   1 Sep 2003, 16:57
Miss Dita D.K.-dance   übrigens: carl cox und jeff mills sind auch schon ...   1 Sep 2003, 17:01
Ribosom   aha techno is jetz auch schon in der historierung ...   1 Sep 2003, 17:01
X-Tribe   Also übern guten alten Sven lass ich nichts kommen...   1 Sep 2003, 17:05
X-Tribe   So und das soll ihm mal einer nachmachen Leute...   1 Sep 2003, 17:06
Miss Dita D.K.-dance   hm.. da fällt mir ein: electric indigo ist auch sc...   1 Sep 2003, 17:16
DJ George le Nagelaux   @Miss Dita D.K.-dance: Waaaaaas??? 30??? DREISSIG?...   1 Sep 2003, 17:24
X-Tribe   Is das dein ernst alter???????   1 Sep 2003, 17:29
DJ George le Nagelaux   Oh Mann da ist doch ein smiley....warum cheggt ihr...   1 Sep 2003, 17:40
Luniq 9   *looooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooool*...   1 Sep 2003, 17:40
salz01   aber der wortwitz mit sven fad ist witzig. :) wie...   1 Sep 2003, 17:42
Luniq 9   *g* ich schau aber auch immer so aus wenn ich mi...   1 Sep 2003, 17:42
salz01   wir sind ja noch unter 20. der faulende rest kap...   1 Sep 2003, 17:43
MaleBitch   nennt mir mal ein paar Jungstars, um die es bereit...   1 Sep 2003, 17:47
Neo   also ich sehe schon techno stirbt jede woche aufs ...   1 Sep 2003, 17:48
Luniq 9   allein mit deiner frage hast dir schon selbst di...   1 Sep 2003, 17:53
MaleBitch   In fast jeder anderen Musikszene gibt es Jungstars...   1 Sep 2003, 17:59
Luniq 9   falls du das mit dem popstar-ruhm jetzt auf avb be...   1 Sep 2003, 18:02
MaleBitch   @ Luniq: AVB kenn ich nicht, ausser von deinen Pos...   1 Sep 2003, 18:08
Eye-Q   Ich finde den Artikel recht gut! Was Nachfolg...   2 Sep 2003, 20:42
Luniq 9   wie wahr wie wahr...   2 Sep 2003, 20:56
damesjean   naja es gibt schon einige Beispiele bei denen man ...   2 Sep 2003, 21:29
cora   ich finde das es nicht um alter geht sondern ob es...   3 Sep 2003, 08:34
nessi   Also ich find nur Djs gut die zwischen 28,75 und 3...   3 Sep 2003, 08:42
cora   das sind die die gerade in der blüte ihres lebens ...   3 Sep 2003, 08:58
nessi   du sagst es /pto/   3 Sep 2003, 08:59
cora   und die zwischen 20,56 und 27,2569 sind die dj die...   3 Sep 2003, 09:04
nessi   tja aber dafür gehören die zwischen 34,865 und 40...   3 Sep 2003, 09:06
StrZlee   nanananana .. es kommt doch nicht aufs alter drauf...   3 Sep 2003, 09:08
cora   also ich find auch nicht... sagen wir mal ab 20,55...   3 Sep 2003, 09:11
Mario_Mantis   ach es git auch genug junge dj´s die gleich gut si...   3 Sep 2003, 09:11
cora   [QUOTE]ach es git auch genug junge dj´s die gleich...   3 Sep 2003, 09:26
nullpunkt   Aber wo sind sie denn tatsächlich, die jungen DJ...   3 Sep 2003, 13:35
Miss Dita D.K.-dance   hm..das glaube ich nicht... ich denke schon dass...   3 Sep 2003, 13:43
nullpunkt   Welche Revolution denn? Ich glaube, wir sind an ...   3 Sep 2003, 15:59
Splinter   Das Ding mit den "alten Legenden" ist einfach, das...   3 Sep 2003, 20:01
daalb   hab mir gerade den artikel in der süddeutschen dur...   10 Sep 2003, 08:57
Eye-Q   nullpunkt hat es genau auf den Punkt gebracht...   10 Sep 2003, 22:51

« Vorhergehendes Thema · electronic music · Folgendes Thema »
 
Bookmark and Share

Reply to this topicStart new topic
2 Besucher lesen dieses Thema (Gäste: 2 | Anonyme Besucher: 0)
0 Mitglieder:

 

- Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 12. June 2024 - 22:00


Copyright 2001 - 2014 technoboard.at
Die Texte geben die Meinung der Autoren und nicht unbedingt die des technoboard.at Teams wieder.
Alle fraglichen Inhalte werden auf Anfrage und alle gegen die BoardRegeln verstossenden Einträge automatisch entfernt (sobald sie bemerkt werden).
Kontakt: [email protected]

connected by: